Akademik

Mundgliedmaßen
Mụnd|glied|ma|ßen 〈Pl.; Zool.〉 die zu Mundwerkzeugen ausgebildeten u. der Nahrungsaufnahme dienenden Kopfgliedmaßen der Gliederfüßer (Arthropoden); Sy Mundwerkzeuge

* * *

Mundgliedmaßen,
 
Mundwerkzeuge, für den Nahrungserwerb und die Nahrungsaufnahme entsprechend umgebildete Gliedmaßenpaare der Gliederfüßer, v. a. an den Kopfsegmenten, zum Teil auch noch an Rumpf- beziehungsweise Brustsegmenten (Kieferfüße). - Die Mundgliedmaßen der Höheren Krebse zeigen noch Spaltfußcharakter. Sie bestehen aus einem Paar massiver, innen gezähnter Mandibeln (Oberkiefer), zwei Paar schwächeren Maxillen (Unterkiefer; innen mit blattförmigen Kauladen und Endo- und Exopoditen, Spaltfuß) und drei Paar Kieferfüßen am Thorax. Bei den Hundertfüßern trägt das (einzige) Kieferfußpaar je eine zangenförmige Giftklaue. - Bei den Fühlerlosen sind nur zwei Paar Mundgliedmaßen ausgebildet: als Oberkiefer die Cheliceren (mit einem scherenartig bewegbaren oder als Klaue einschlagbaren, bei Spinnen mit einer Giftdrüse in Verbindung stehendem Endglied, zum Teil auch Spinnorgan), als Unterkiefer die Pedipalpen (Kiefertaster; zum Teil am Ende klauen- oder, wie bei Skorpionen, scherenartig ausgebildet, bei Spinnenmännchen mit kompliziertem Kopulationsapparat seitlich am Endglied).
 
Die Mundgliedmaßen der Insekten sind außerordentlich vielgestaltig. Der stammesgeschichtlich primitivste, für die Geradflügler charakteristische Typ sind die beißend-kauenden Mundgliedmaßen, mit deren Hilfe Holz, Blätter, tierische Gewebe oder feste tierische Stoffwechselprodukte aufgenommen werden (u. a. bei Heuschrecken, Käfern). Die Mandibeln (Ober-, Vorderkiefer) bestehen aus einer ungegliederten, gezähnten Kauplatte. Die ersten Maxillen (Unter-, Mittelkiefer) besitzen ein zweiteiliges Grundglied, an dem vorn zwei Kauladen, die Außenlade (Galea) und die Innenlade (Lacinia) ansitzen. Seitlich trägt jede erste Maxille einen Maxillartaster (Unterkiefertaster, Palpus maxillaris). Die zweiten Maxillen (Unterlippe, Hinterkiefer, Labium), die die Mundöffnung nach hinten beziehungsweise unten abschließen, sind ähnlich gebaut wie die ersten Maxillen, nur dass das zweiteilige Grundglied der einen Seite mit dem der anderen zum Postmentum und Praementum verschmolzen ist. Vorn am Praementum sitzen die »Zungen« an, die jeweils aus einer äußeren Paraglossa (Nebenzunge) und einer inneren Glossa (eigentliche Zunge) gebildet werden. Auch die zweiten Maxillen besitzen an ihren Außenseiten Taster (Lippentaster, Labialtaster, Palpus labialis). Bei den höheren Hautflüglern (z. B. der Honigbiene), deren Mundgliedmaßen aufgrund ihrer funktionsfähig bleibenden Mandibeln den kauend-leckenden Typ darstellen (oft auch zum leckend-saugenden Typ gezählt), sind die Glossae zu einer einheitlichen, langen, behaarten »Zunge« verwachsen, die an der Spitze in das »Löffelchen« (Labellum) ausläuft. Beim typischen leckend-saugenden Typ sind die Mandibeln rudimentär, oder sie fehlen, wie z. B. bei den meisten Schmetterlingen, deren Saugrüssel nur aus den stark verlängerten Außenladen der ersten Maxillen geformt wird. Bei vielen Zweiflüglern (z. B. der Stubenfliege) bildet die Unterlippe (als Haustellum) den Hauptteil des Tupfrüssels, dessen Endteile, die Lippentaster, zu den kissenförmigen Labellen werden. Bei den stechend-saugenden Mundgliedmaßen (z. B. bei Stechmücken) sind die meisten Teile der Mundgliedmaßen zu Stechborsten umgebildet, wobei einige zur Bildung eines Nahrungs- und Speichelrohrs zusammentreten, andere reduziert sein können. Häufig bilden Teile der zweiten Maxillen (Unterlippe) eine Scheide um die Stechborsten. - Nicht von Gliedmaßen ableitbare und daher keine echten Mundgliedmaßen darstellende (unpaare) Bildungen der Mundregion sind das Labrum, eine bewegliche Chitinplatte, die den Mundraum nach vorn und oben abdeckt, sowie der Hypopharynx.

Universal-Lexikon. 2012.