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irische Kunst
irische Kunst,
 
die Kunst der keltischen Bevölkerung Irlands von ihrer Christianisierung im 5. Jahrhundert bis zur anglonormannischen Eroberung (1171/72). Da in Irland die römische Tradition fehlte, war zunächst die La-Tène-Kultur Anknüpfungspunkt für eine weitgehend eigenständige künstlerische Entwicklung (keltische Kunst). Infolge der Missionstätigkeit irischer Mönche gelangten u. a. auch armenische, syrische und koptische Anregungen nach Irland. Bei den frühen Beispielen irischer Architektur handelt es sich um einfache Bauten aus Feldsteinen ohne Mörtel (Gallarus Oratory, County Kerry, 6. oder 7. Jahrhundert). Die Klöster waren von dicken Ringmauern umgeben, Oratorien und Zellen besaßen keine Fenster. Auch die Kirchen waren nahezu fensterlos und besaßen hohe Steindächer (Saint Kevin, Glendalough, um 850). Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts wurden auch unabhängig von ihnen schlanke, bis zu 40 m hohe Rundtürme errichtet, die als Glockentürme und Refugium dienten (Cashel, Clonmacnoise, Kells). Zu den wichtigsten Zeugnissen irischer Baukunst gehört die Cormac's Chapel in Cashel (1127-34), bei der anglonormannischer Einfluss deutlich wird. Als bedeutendste Leistung der irischen Plastik gelten die ab etwa 900 entstehenden, bis zu 9 m hohen Steinkreuze mit Figurenfriesen auf dem Schaft und dem in einen Ring eingefassten Relief mit einem Kruzifix oder einer Darstellung Christi als Weltenrichter (Clonmacnoise, Kells, Monasterboice bei Drogheda). Die Buchmalerei, die nur Initialornamentik in keltischer Formgebung (v. a. Fischblasen- und Spiralmuster) gekannt hatte, nahm in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts germanische Flechtband- und Tierornamentik sowie figürliche Darstellungen auf, so im »Book of Durrow« (um 680; Dublin, Trinity College), entstanden in einem Benediktinerkloster Northumbriens, und im »Book of Kells« (Anfang des 9. Jahrhunderts; ebenda). Unter den erhaltenen Goldschmiedearbeiten ragen v. a. die »Fibel von Tara« (Ende des 7. Jahrhunderts; Dublin, National Museum of Ireland), eine Silberspange mit Goldfiligran, Email und Schmucksteinen, und der silberne, mit Ornamenten aus Gold, vergoldeter Bronze und Einlegearbeiten geschmückte »Kelch von Ardagh« (Anfang des 8. Jahrhunderts; ebenda) hervor. Nach dem Einfall der Wikinger (9. -11. Jahrhundert) wurden neue Techniken (z. B. Niello) und skandinavische Stilarten (Ringerikestil, Urnesstil) nach Irland vermittelt. Die Betonung des Zierwerks blieb für die Metallkunst (Handglocken, Buch- und Reliquienschreine) über das 10. Jahrhundert hinaus verbindlich. Unter englischer Herrschaft nahm die irische Kunst an der Entwicklung der englischen Kunst teil.
 
Literatur:
 
F. Henry: Irish art. .., 3 Bde. (Neuausg. London 1965-73);
 H. S. Crawford: Irish carved ornament. From monuments of the Christian period (Dublin 21980);
 
Trésors d'Irlande, Ausst.-Kat. (Paris 1982);
 
I. K. aus 3 Jt., Ausst.-Kat., hg. v. H. Hellenkemper (1983);
 
Treasures of Ireland. Irish art 3000 B. C. - 1500 A. D., hg. v. M. Ryan (Dublin 1983).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
irische Kunst: Book of Lindisfarne und Book of Kells
 

Universal-Lexikon. 2012.