Ha|ber|feld|trei|ben 〈n. 14; unz.; früher〉 bayer. Volksgericht, bei dem der Übeltäter nach dem öffentl. Verlesen seiner Tat (meist) verprügelt wurde [<Haber (→ Habergeiß) + Feld, volksetymolog. für Fell treiben; eigtl. „Ziegenfelltreiben“, der Beschuldigte wurde urspr. in ein Ziegenfell gesteckt u. umhergetrieben]
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Haberfeldtreiben,
ehemaliger Rügebrauch im bayerischen Oberland, bei dem Verstöße v. a. gegen »Sitte und Brauch« geahndet werden sollten. Scharen von Maskierten zogen nachts vor das Haus des zu Rügenden, machten großen Lärm, forderten ihn auch aus dem Haus heraus und bedachten ihn mit Straf- oder Spottversen. Der Name Haberfeldtreiben ist nicht eindeutig geklärt. Nachweisbar ist, dass ein bei persönlichen Zwistigkeiten übliche Herausfordern des Gegners aus dem Haus sich im Kerngebiet des Haberfeldtreibens unter dem Einfluss der oberbayerischen Bauernerhebung von 1705 zu Massendemonstrationen ausweitete; es entstand ein Habererbund mit einem Haberermeister, zwölf Anführern und bis zu 2 000 Haberern. Mit der Auflösung des Geheimbundes (1896) erlosch der Brauch. (Katzenmusik)
H. Ettenhuber: Charivari in Bayern. Das Miesbacher H. von 1893, in: Kultur der einfachen Leute, hg. v. R. van Dülmen (1983).
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Ha|ber|feld|trei|ben, das; -s, - [eigtl. = Ziegenfelltreiben, 1. Bestandteil entstellt aus: Haberfell = Ziegenfell, vgl. ↑Habergeiß]: (früher in Bayern u. Tirol ausgeübte) Form der Selbstjustiz, mit der außerhalb der juristischen Gewalt liegende moralische Vergehen verfolgt werden, indem der Schuldige in ein Ziegenfell gesteckt u. umhergetrieben wird: Ü Die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen, obgleich weltweit, ist ein willkommener Anlass für ein H. gegen die Ärzte (Bayer. Ärzteblatt [München] 1, 1976).
Universal-Lexikon. 2012.