Augustinịsmus
der, -, Richtung der mittelalterlichen Philosophie und Theologie, die (gegenüber dem Aristotelismus) an dem durch die Gedanken des Augustinus geprägten Lehrsystem festhielt. Kennzeichnend sind: die Höherbewertung des Willens und der Liebe gegenüber dem bloßen Verstandesdenken (Voluntarismus gegen Intellektualismus), die Rückführung aller Wahrheitserkenntnis auf eine Erleuchtung durch die Ideen im Geist Gottes, die relative Eigenständigkeit der Seele gegenüber dem Leib, die Auffassung von Materie als schon immer durch Formen (»Keimkräfte«) strukturiert, womit eine Entwicklungstheorie begründet wird, die gegenseitige Durchdringung von Glaube und Wissen. In der Theologie vertritt der Augustinismus den später von M. Luther und auch vom Jansenismus aufgenommenen Gedanken der Unwiderstehlichkeit und Unverdienbarkeit der göttlichen Gnade. Hauptvertreter des Augustinismus waren u. a. Roger Bacon und die ältere und mittlere Franziskanerschule. Auch in der Neuzeit zeigt sich der Einfluss der augustinischen Tradition, z. B. bei den Reformatoren und im Humanismus, bei R. Descartes (»Die Vorstellung Gottes ist irgendwie früher als die meiner selbst«, Meditation III, 24), bei B. Pascal (»Logik des Herzens«) und in der Religionsbegründung bei M. Scheler.
Universal-Lexikon. 2012.