Íslendinga sọ̈gur
[»Isländersagas«, auch »Familiensagas« oder »Geschlechtersagas«], zentrale Gattung innerhalb der umfangreichen mittelalterlichen Prosaliteratur Islands. Die rd. 37 erhaltenen, unterschiedlich langen Texte behandeln in der Regel Ereignisse auf Island, bisweilen auch von anderen Schauplätzen (z. B. Norwegen, Dänemark, Irland) zwischen etwa 970 und 1030; sie beschreiben das Schicksal von Familien und Geschlechtern über mehrere Generationen hinweg (z. B. Egils saga), von Bewohnern bestimmter Landstriche (z. B. Eyrbyggja saga), aber auch von Einzelpersonen (z. B. Gísla saga). Die Entstehungszeit der Íslendinga sögur liegt im 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts. Trotz möglicher Verwendung mündlicher Traditionen sind die Íslendinga sögur in erster Linie literarische Werke von oft hohem erzählerischen Rang, die innerhalb der mittelalterlichen europäischen Literatur eine isländische Eigenschöpfung darstellen und Formen des modernen Romans und der Novelle vorwegnehmen.
Ausgaben: Altnordische Saga-Bibliothek, herausgegeben von G. Cederschiöld u. a., 18 Bände (1892-1929); Íslenzk Fornrit, auf 20 Bände berechnete (1933 ff.); Thule. Altnordische Dichtung und Prosa, herausgegeben von F. Niedner u. a., 24 Bände (Neuausgabe 1963-67).
K. Schier: Sagaliteratur (1970);
K. Schier: Die Literaturen des Nordens, in: Europ. Hochmittelalter, bearb. v. H. Krauss u. a. (1981).
Universal-Lexikon. 2012.