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Kairouan
Kairouan
 
[kaɪru'aːn, kɛr'van, französisch], arabisch Al-Qairawan [-kaɪ-], Stadt in Zentraltunesien, im Becken von Kairouan in der Tieflandsteppe, 60 m über dem Meeresspiegel, 72 300 Einwohner; eine der vier heiligen Städte des Islams (Pilgerstätte); Verwaltungssitz des Gouvernorats Kairouan; Handels- und Marktzentrum; Teppichknüpfzentrum (neben Großmanufakturen rd. 500 Familienbetriebe mit über 6 000 weiblichen Arbeitskräften), Kunsthandwerk (Leder-, Metallarbeiten); Ziegeleien; Fremdenverkehr; Straßenknotenpunkt. Im Umland Bewässerungsfeldbau (u. a. vom Nebhanastaudamm bewässert).
 
Stadtbild:
 
Die Altstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe. In der ganz von einer Backsteinmauer (zwischen 1706 und 1712 auf den Fundamenten einer Mauer von 1052) umgebenen Medina (1 × 0,5 km) liegt die Große Moschee Sidi Okba (etwa 135 × 80 m; begonnen 672, bis ins frühe 20. Jahrhundert; Hauptbaukörper 817-875, Betsaal 836-863, 80 × 40 m, in syrisch-omaijadischer Tradition), die zum Archetyp der westislamischen Sakral- und Profanbaukunst wurde: T-förmiger Grundriss, gestufte Kuppelkonstruktionen, gekielte Hufeisenbögen im Narthex, fayenceumkleideter Mihrab (862/863), Maksura (1022) und Minbar (862/863) in reichem Holzschnitzwerk, dreistöckiges Minarett (35 m hoch, 724-728, Kuppel 13. Jahrhundert) auf quadratischen Grundriss, 17 Schiffe mit je acht Jochen auf 414 antiken Säulen; das Osttor Lalla Rihana (1294) ist ein eleganter Quadratrisalit im spanisch-maurischen Stil. Hervorragende Beispiele islamischer Dekorkunst sind die Fassade der Moschee Tleta Bibane (»Moschee der Drei Tore«, 866) und die gesamte Zawija des Sidi Sahab (»Barbiermoschee«, nordwestlich der Medina, heutiger Bau zwischen 1629 und 1692 mit Stuck- und Fayencedekor) sowie die Zawija des Sidi Abid el-Ghariani (frühes 14. Jahrhundert, mehrfach umgestaltet). Heiliger Turmbrunnen Bir Barouta (heutiger Bau 1676-90); in der Zawija des Sidi Amor Abbada (»Säbelmoschee«, westlich der Medina, 1860, fünf Rippenkuppeln) Waffensammlung; Museum für islamische Kunst (v. a. Funde aus Rekkada und Sabra Mansourija). Nördlich der Medina die Bassins der Aghlabiden (9. Jahrhundert) mit 48-seitigem Hauptbecken (Durchmesser 128 m) und 17-seitigem Klärbecken (Durchmesser 37,4 m). 8 km östlich die Ruinen der Aghlabidenresidenz Rekkada, 1,5 km südwestlich die Ruinen der Fatimiden-Residenzstadt Sabra Mansourija.
 
Geschichte:
 
Kairouan, die erste arabische Stadtgründung in Nordafrika, wurde zwischen 663 und 670 von dem arabischen Feldherrn Okba ibn Nafi als Heerlager und Karawanenplatz angelegt und erlebte im 9. und 10. Jahrhundert als Residenz der Aghlabiden, Fatimiden und Sanhajiden eine Blütezeit; 1057 von den Beni Hilal zerstört, verlor es seine Hauptstadtfunktion, wurde im 13. Jahrhundert von den Hafsiden wieder aufgebaut und im 18. Jahrhundert von den Husainiden vergrößert. Kairouan blieb bis heute religiös-geistiges Zentrum des östlichen Maghreb (in jüngster Zeit Ausgangspunkt des regierungsoppositionellen islamischen Fundamentalismus).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Nordafrika unter dem Islam bis zur osmanischen Eroberung: Eroberte und Eroberer
 

Universal-Lexikon. 2012.