Lerntheorien,
Bei der Erforschung von Lernvorgängen werden verschiedene Lernarten unterschieden. Dabei liegen der Beschreibung und Erklärung der bei diesen Lernarten ablaufenden Lernprozesse meist sehr unterschiedliche Lerntheorien zugrunde. So werden beispielsweise die Theorie des klassischen Konditionierens, des instrumentellen (oder operanten) Konditionierens als verhaltensorientierte Lerntheorien von kognitiven Lerntheorien unterschieden.
In der von I. P. Pawlow ausgehenden Theorie der klassischen Konditionierung erhält ein ursprünglich neutraler Reiz Signalqualität, wenn er wiederholt zusammen mit dem eine Reflexreaktion auslösenden Reiz auftritt. Dabei bewirkt die wiederholte Kopplung der beiden Reize eine Bekräftigung (Verstärkung) der Verbindung: Eine bedingte Reaktion kann nunmehr leichter ausgelöst werden.
E. L. Thorndikes Lernen durch Versuch und Irrtum (Versuch-Irrtum-Lernen) liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich Merkmale der Situation (Reize) auch unabhängig von ihren Beziehungen zu Reflexen mit Reaktionen verbinden, wenn der Reaktion Verstärkung folgt (Effektgesetz). Ebenso wie für Pawlow und Thorndike sind auch für B. F. Skinner wiederholte Erfahrung und Verstärkung entscheidende Voraussetzungen für das Lernen bei operanten Konditionierungsvorgängen.
Eine kognitivistische Tradition des Lernens begründete z. B. die Gestaltpsychologie, für die Lernen sich durch Einsicht und nicht etwa, wie beim Lernen durch Versuch und Irrtum, durch aktives Probieren und Manipulieren vollzieht. Vertreter kognitiver Lerntheorien wie D. P. Ausubel und J. S. Bruner betonen die Wichtigkeit aktiver, symbolischer Rekonstruktionen der Wirklichkeit.
Besondere Bedeutung kommt in der letzten Zeit Informationsverarbeitungsmodellen des menschlichen Lernens zu, die einerseits mit den Kognitivisten die Überzeugung von der aktiv Informationen verarbeitenden Rolle des Lernenden teilen, andererseits aber mit erfolgreichen Computersimulationen prozessorientiert versuchen, Lernvorgänge zu erforschen.
Ansätze, die versuchen, unter Hintanstellung theoretischer Präferenzen das gesammelte Wissen über menschliches Lernen zu integrieren, sind besonders geeignet, den Anforderungen der Praxis zu genügen. Einer der einflussreichsten Integrationsversuche dieser Art stammt von R. M. Gagné. Dieser hat verschiedene Lernarten (allerdings unter Außerachtlassung des Imitationslernens) in eine Rangordnung gebracht, so das Signallernen (klassisches Konditionieren), das Reiz-Reaktions-Lernen (instrumentelles Konditionieren), die Bildung motorischer und sprachlicher Ketten, das Diskriminationslernen, das Begriffslernen und die Begriffsbildung sowie das Regellernen beziehungsweise das Problemlösen.
Universal-Lexikon. 2012.