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Hanau
Hanau,
 
1) Kreisstadt des Main-Kinzig-Kreises, Hessen, an der Mündung der Kinzig in den Main, 101 m über dem Meeresspiegel, 93 000 Einwohner; Sitz der Gesellschaft für Goldschmiedekunst, Staatliche Zeichenakademie für das Edelmetallgewerbe, bedeutende Museen. Als Verkehrsknotenpunkt am Ostrand des Rhein-Main-Ballungsraums mit Industrie- und Handelshafen hat Hanau vielseitige Industrie: Edelmetallindustrie, Reifen- und Schaumgummiwerke, Herstellung von optischen und feinmechanischen Erzeugnissen sowie von Quarzlampen, Großversandhaus.
 
Stadtbild:
 
Die Niederländisch-Wallonische Doppelkirche (1600-08), ehemaliges Wahrzeichen der Neustadt, wurde 1945 zerstört (Niederländische Kirche 1959-60 wieder aufgebaut). Das ehemalige Altstädter Rathaus (1537/38) ist heute das Deutsche Goldschmiedehaus. Westlich der Altstadt Schloss Philippsruhe im französischen Barockstil (1701-12 von J. L. Rothweil, 1875-80 verändert), darin das Historische Museum (u. a. Fayencen der 1661 gegründeten Manufaktur). Einzigartig die weitgehend erhaltenen Kur- und Badeanlagen in Wilhelmsbad (1777-82) mit Comoedienhaus (1781, nach Restaurierung wieder bespielbar), künstliche Burgruine, Karussell (1779), Teufelsbrücke u. a.
 
Geschichte:
 
Neben der vor 1143 errichteten Wasserburg Hagenowa (»eingehegte Insel«) entstand im 13. Jahrhundert ein Ort mit unregelmäßigem Grundriss, der 1303 Stadtrecht und 1528 eine neue Festungsanlage erhielt. Entscheidend gefördert wurde Hanau jedoch erst durch die 1597 südlich davon angelegte Neustadt für flämische und wallonische Glaubensflüchtlinge. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) war Hanau viel umkämpft. Die Stadt fiel 1736 an Hessen-Kassel; 1833 wurden die Alt- und die Neustadt vereinigt. Im März 1945 wurde Hanau bei einem Luftangriff schwer zerstört.
 
 2) Grafschaft: Die Herren der Wasserburg Hagenowa der an der Kinzigmündung, erstmals 1166 als von Dorfelden, 1191 als von Hanau bezeichnetes Geschlecht, dehnten ihren Besitz im 13. Jahrhundert durch Erbschaft in die Wetterau und das Rhein-Main-Gebiet (Babenhausen u. a.) und durch Heirat in den Spessart aus. Im 14. Jahrhundert mehrfach Inhaber der Reichslandvogtei in der Wetterau, erwarben die Hanauer 1320-64 die Pfandschaft des Gerichts Bornheimer Berg und 1429 die Grafenwürde. Nach Teilung entstand 1458 die Linie Hanau-Münzenberg mit der Residenz Hanau. Die Linie wurde 1642 von Hanau-Babenhausen beerbt, das sich, nachdem es 1480 die halbe Grafschaft Lichtenberg um das Amt Buchsweiler im nördlichen Elsass geerbt und sein Gebiet 1570 um Teile von Zweibrücken vergrößert hatte, Hanau-Lichtenberg nannte. Seit 1680 unterstanden die elsässischen Gebiete französischer Oberhoheit. 1736 starben die Grafen von Hanau-Lichtenberg im Mannesstamm aus. Erben ihres zum Oberrheinischen Reichskreis zählenden Territoriums wurden für Münzenberg Hessen-Kassel, für Lichtenberg Hessen-Darmstadt, die Herrschaft Babenhausen wurde geteilt. Das Hanauer Land, die rechtsrheinischen Teile von Hanau-Lichtenberg, fiel 1803 durch Heirat an Baden. - Den Titel »Fürstin von Hanau« verlieh 1853 der letzte Kurfürst von Hessen, Friedrich Wilhelm I., seiner morganatischen Gemahlin Gertrude, geschiedene Lehmann, geboren Falkenstein (* 1803, ✝ 1882).
 

Universal-Lexikon. 2012.