Vẹrs|er|zäh|lung 〈f. 20〉 in Versen abgefasste Erzählung
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Vers|erzählung
['fɛrs-], Versnovelle, Erzählung in Versform. Sie begegnet v. a. in der mittelalterlichen Literatur, wo Prosa für fiktionale Texte nicht gebräuchlich war. Neben der Großform Epos stehen zahlreiche kleinere Verserzählungen, so Hartmann von Aues »Armer Heinrich«, die Mären des Strickers oder auch die altfranzösisch Lais der Marie de France. Auch die meisten mittelhochdeutschen Legenden sind ihrer Struktur nach Verserzählungen. - Eine besondere Gattung wurde die Verserzählung erst, als die Epik allgemein in Prosa abgefasst wurde; bedeutende Beispiele brachte der Klassizismus des 17. und 18. Jahrhunderts hervor (u. a. von J. de La Fontaine, F. von Hagedorn, C. F. Gellert, J. H. Voss und C. M. Wieland). Auch Goethes »Hermann und Dorothea« (1797) ist eine Verserzählung; A. S. Puschkins Verserzählungen gehören zu den Meisterwerken der russischen Literatur. In der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts wurde die Gattung v. a. als gestalterisches Mittel gegen den Realismus instrumentalisiert, so bei P. Heyse (»Gesammelte Novellen in Versen«, 1864) und J. V. von Scheffel (»Der Trompeter von Säkkingen«, 1854). C. F. Meyer belebte sie noch einmal mit »Huttens letzte Tage« (1871) und »Engelberg« (1872).
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Vẹrs|er|zäh|lung, die (Literaturw.): vgl. ↑Versdrama.
Universal-Lexikon. 2012.