Auswahlregeln,
Mikrophysik: Regeln über die quantentheoretischen Gesetzmäßigkeiten beim Übergang mikrophysikalischer Systeme von einem Quantenzustand zu einem anderen. Die Auswahlregeln schränken die Möglichkeiten für Erzeugungs- und Umwandlungsprozesse bei Teilchen sowie für Übergänge (Quantensprünge) stark ein, können aber in atomaren Systemen durch starke äußere Einflüsse aufgehoben werden.
Da die Zustände eines mikrophysikalischen Systems durch die verschiedenen Werte eines Satzes von Quantenzahlen charakterisiert werden, besteht eine Auswahlregel in der Vorschrift, um wie viele Einheiten sich eine bestimmte Quantenzahl bei einem Übergang des Systems aus einem Zustand in einen anderen ändern darf. Zum Beispiel kann sich in einem Atom die Bahndrehimpulsquantenzahl des Leuchtelektrons bei der Emission oder Absorption von Licht (elektrische Dipolstrahlung) nur um +1 oder —1 ändern. Die Auswahlregeln für die Emission oder Absorption von Licht können experimentell aus den in den Emissions- oder Absorptionsspektren auftretenden Linien abgelesen werden. Vom theoretischen Standpunkt sind die Auswahlregeln einfache Folgerungen aus der mathematischen Formulierung der Quantentheorie des betrachteten Systems. Historisch waren die Auswahlregeln von besonderer Bedeutung für das Eindringen in die Gesetze der Quantentheorie.
Unter bestimmten physikalischen Bedingungen können die Auswahlregeln in atomaren Systemen übertreten werden; z. B. kann ein Atomelektron bei einem Stoß mit einem energiereichen Elektron in jeden beliebigen Zustand gebracht werden, der wegen der Auswahlregeln bei der ungestörten Lichtabsorption oder -emission nicht erreichbar wäre. Die dabei emittierten Spektrallinien heißen verbotene Linien.
Universal-Lexikon. 2012.