Camões
[ka'mõiʃ], Luís Vaz de [baθ-], portugiesischer Dichter, * Coimbra oder Lissabon 1524/25, ✝ Lissabon 10. 6. 1580 (?); aus verarmtem Adelsgeschlecht, verlebte Jugend und Studienzeit in Coimbra, erwarb klassische Bildung; ging 1542 nach Lissabon, lebte wohl auch am Hofe, schrieb Dramen und Gedichte, teils auf Bestellung. Ein unsteter Lebenswandel führte ihn, nachdem er wegen eines Duells des Hofes verwiesen worden war, nach Afrika (Verlust des rechten Auges im Kampf vor Ceuta), Goa und in andere portugiesische Besitzungen; ab l558 Nachlassverwalter in Macao. Wegen Händel und angeblich unregelmäßiger Geschäftsführung mehrfach im Gefängnis. Erhielt für seine Kriegstaten (Malabar, Molukken) und literarische Verdienste königlicher Ehrensold. Ab 1570 lebte er in Lissabon, starb in Armut (vermutlich an der Pest).
1572 wurde Camões' Hauptwerk gedruckt, »Os Lusíadas« (deutsch »Die Lusiaden«), das bedeutendste portugiesische Epos. Es stellt in 10 Gesängen (nach dem Vorbild von Vergils »Äneis«) die historischen Taten der Portugiesen, besonders die Fahrt Vasco da Gamas nach Indien, in mythologischem Rahmen dar. Chroniken, Tagebücher, Reiseberichte und Camões' eigene Fahrten waren die Quellen dieses Werkes, dessen Held das portugiesische Volk ist. Voller Dynamik und Spannung, in sprachlicher Meisterschaft (beeindruckende realistische Natur- und Schlachtenschilderungen) zeigt das Epos die mannigfaltigen geistigen und künstlerischen Strömungen der Zeit. Camões ist auch bedeutend als Lyriker: Er hinterließ zahlreiche Sonette, Redondilhas, Oktaven, Oden u. a. Von seinen drei Komödien ist »Auto de Filodemo« (entstanden um 1544, gedruckt 1587, deutsch »Filodemo«) am bekanntesten, außerdem »El-rei Seleuco« (entstanden nach 1544, gedruckt 1645, deutsch »König Seleukos«) und »Os Anfitriões« (entstanden vor 1549, gedruckt 1587, deutsch »Die Amphitryone«). Die europäische Wiederentdeckung Camões' im 19. Jahrhundert erfolgte durch die deutschen Romantiker, besonders durch die Brüder Schlegel und W. von Humboldt.
Ausgaben: Obras completas, herausgegeben von H. Cidade, 5 Bände (1946-47); Obra completa, herausgegeben von A. Salgado Júnior (1963).
Die Lusiaden, übersetzt von O. Freiherr von Taube (portugiesisch und deutsch 1949); Sonette, übersetzt von demselben (1959).
H. Cidade: L. de C., 3 Bde. (Lissabon 1-21952-56);
H. Cidade: L. de C. (ebd. 31979);
A. J. Saraiva: L. de C. (ebd. 1959).
Universal-Lexikon. 2012.