geschlossene Form,
Begriff der Poetik, auch der Kunstgeschichte und Musikwissenschaft, für Kunstwerke von streng gesetzmäßigem, oft symmetrischem Bau, überschaubarer, auf Einheit abzielender Anordnung aller Elemente und entsprechend konsequenter Funktionalität aller Teile, im Gegensatz zur offenen Form. Von H. Wölfflin wurde der Begriff der geschlossenen Form als »Grundbegriff« für die Kunstbetrachtung geprägt. Charakteristisch ist die geschlossene Form besonders für klassische oder klassizistische Kunstepochen, z. B. für die bildende Kunst und Architektur der Renaissance (charakterisiert v. a. durch den Ausgleich der Vertikalen und Horizontalen, eine Symmetrieachse, Eindeutigkeit der Formen) oder die Techniken der Fuge und des Sonatensatzes in der Musik des 18. und 19. Jahrhunderts. In literarischen Kunstwerken geht die geschlossene Form einher mit gehobener, oft typisierender Sprache und einheitlicher Thematik, wenigen Hauptgestalten und übersichtlicher, stets in sich geschlossener Handlung in Erzählkunst und Drama, in der Lyrik mit wenigen Hauptmotiven und normgerechter Ausfüllung der Vers- und Strophenformen. Von besonderer Bedeutung ist die geschlossene Form als Dramentypus mit festen Regeln, z. B. Wahrung der drei Einheiten, Abfolge von Spiel und Gegenspiel, Einteilung in drei oder fünf Akte (Drama); Gegentypus dazu ist das Drama der offenen Form (z. B. das elisabethanische Drama).
V. Klotz: Geschlossene u. offene Form im Drama (131992).
Universal-Lexikon. 2012.