Herrschaftsvertrag,
Ende des 16. Jahrhunderts von hugenottischen Staatstheoretikern (Monarchomachen) ausgebildeter und von der Vorstellung einer wechselseitigen Verbindung zwischen Herrscher und Ständen geprägter Begriff. Zunächst auf die Zeit der ständischen Verfassung bezogen und auf die gegebenen vertraglichen Abmachungen angewandt, wurde die Bezeichnung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts auf die älteren Vorbilder aus dem Hoch- und Spätmittelalter übertragen, von denen die Magna Charta (1215), die Goldene Bulle Andreas' II. von Ungarn (1222), die aragonesischen Privilegien (1283, 1287), die Joyeuse Entrée von Brabant (1356) und der Tübinger Vertrag (1514) die bekanntesten sind. Stets von den Ständen erzwungen, sind Herrschaftsverträge Dokumente von deren Ringen um Partizipation an fürstlicher Machtausübung, wodurch der Ständestaat im Übergang vom Feudalismus zum frühmodernen Staat entstand. Die Vertragstheorie des Herrschaftsvertrag mündete in die naturrechtliche Lehre vom Gesellschaftsvertrag.
H., Wahlkapitulationen, Fundamentalgesetze, hg. v. R. Vierhaus (1977).
Universal-Lexikon. 2012.