Hrotsvith von Gạndersheim,
Roswitha von Gạndersheim, mittellateinische Dichterin, * um 935, ✝ nach 973 (?); stammte wahrscheinlich aus sächsischem Adel, war Kanonisse des Klosters Gandersheim, wo sie vor 959 zum Schreiben angeregt wurde. Sie ist die erste namentlich bekannte deutsche Schriftstellerin.
Ihr Werk hat Hrotsvith selbst in drei Bücher geordnet. Es besteht aus acht Heiligenlegenden in leoninisch gereimten Hexametern und Distichen (u. a. »Maria«, »Pelagius«, »Theophilus«, »Dionysius«), sechs Dramen in gereimter Prosa (u. a. »Dulcitius«, »Calimachus«, »Abraham«) sowie zwei historische Dichtungen in leoninischen Hexametern (»Gesta Oddonis« über die Taten Kaiser Ottos I. und »Primordia coenobii Gandeshemensis« über die Gründung ihres Klosters). In den Legenden und Dramen steht das Lob der Keuschheit im Mittelpunkt einer Welt der göttlichen Wunder, die an Märtyrern und Heiligen offenbar werden. Die Dramen sind die ältesten dramatischen Versuche des Mittelalters; formal an Terenz orientiert, verfolgen sie ausdrücklich das Ziel, dessen heidnische Stücke aus der Schullektüre zu verdrängen. Die Stücke waren nicht zur Aufführung bestimmt; das später sich entwickelnde geistliche Mysterienspiel hat mit ihnen keine Berührungspunkte.
Hrotsviths Ruhm begründete der Humanist K. Celtis, der ihre Werke 1493 in einer Handschrift im Kloster Sankt Emmeram zu Regensburg entdeckte und 1501 in Nürnberg herausgab. Zwei der darin enthaltenen Illustrationen stammen von A. Dürer. Diese Ausgabe der Werke löste bei den Humanisten eine Hrotsvith-Begeisterung aus, die bis weit ins 16. Jahrhundert anhielt.
Ausgaben: Hrotsvithae opera, herausgegeben von P. von Winterfeld (1902, Nachdruck 1978); Hrotsvitha: Opera, herausgegeben von H. Homeyer (1970, mit Kommentar); Werke. In deutscher Übertragung, herausgegeben von demselben (1973).
Hroswitha of G. Her life, time, and works, and a comprehensive bibliography, hg. v. A. L. Haight (ebd. 1965);
B. Nagel: H. v. G. (1965);
K. Kronenberg: Roswita v. G. u. ihre Zeit (41978);
F. Bertini: Il teatro di Rosvita (Genua 1979);
K. M. Wilson: Hrotsvit of Gandersheim. The ethics of authorial stance (Leiden 1988).
Universal-Lexikon. 2012.