Idealstadt,
die Vorstellung einer nach einheitlichen Gesichtspunkten geplanten Stadt und ihrer gesellschaftlichen und politischen Organisation. Die ästhetischen Vorstellungen gehen dabei immer mit sozialutopischen eine Verbindung ein. Der Grundriss der Idealstadt ist in der Regel ein schematisches Abbild der gesellschaftspolitischen Strukturen, die man mit der Architektur schaffen oder durch sie unterstützen will. Entwürfe von Idealstädten hat es schon im alten China gegeben. Die Vorstellung von Platon und Aristoteles hatten vorrangig die politische Organisation der Idealstadt zum Ziel. Vitruv entwickelte auch planerische Vorstellungen über die Gestalt der Stadt. Im Mittelalter entstanden zwar Städte in großer Regelmäßigkeit, jedoch ohne theoretisch entwickelte Idealstadtvorstellungen. L. B. Alberti knüpfte in seiner Schrift »De re aedificatoria« (1451) an Platon und Vitruv an. Filarete entwarf in seinem »Trattato d'architettura« (1464 vollendet) eine Idealstadt in Form einer Zentralanlage (nach seinem Auftraggeber »Sforzinda« genannt). Von vielen Renaissancearchitekten sind Entwürfe überliefert, meist als reine Planentwürfe (Francesco di Giorgio Martini, B. Peruzzi, Leonardo da Vinci u. a.). Zu den wenigen realisierten Idealstädten der Zeit gehören Palmanova (Provinz Udine) und Sabbioneta (Provinz Mantua). Von den italienischen Traktaten beeinflusst wurde A. Dürer, der 1527 eine Idealstadt in quadratischer Form entwarf. In der Spätrenaissance und im Barock überlagern sich Festungswesen und Idealstadtplanung. In den Residenzstädten des Barock leben formale Prinzipien der früheren Idealstadtentwürfe fort (Mannheim, Karlsruhe). Ideale Stadtvorstellungen, verbunden mit sozialutopischen Theorien, gibt es wieder seit dem 19. Jahrhundert (Garden-City von E. Howard, 1898). Neue Idealstadtkonzepte wurden im 20. Jahrhundert u. a. von A. Sant'Elia (Città Nuova, ab 1913), Le Corbusier (Ville Radieuse, 1922) sowie von L. Costa (Brasília, 1956) entwickelt.
H.-W. Kruft: Städte in Utopia. Die I. vom 15.-18. Jh. zw. Staatsutopie u. Wirklichkeit (1989);
Universal-Lexikon. 2012.