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Mongolen unter Dschingis Khan
Mongolen unter Dschingis Khan
 
Die Mongolen »kennen keine Barmherzigkeit, sie fürchten sich vor nichts, sie glauben an nichts und sie verehren nichts als ihren König...«. So beschrieb in den Dreißigerjahren des 13. Jahrhunderts der Chronist Alberich von Trois-Fontaines voller Schrecken jene Eroberer aus den Steppen Zentralasiens, die nach ihrem Siegeszug durch Asien nun auch Europa bedrohten. Noch im 12. Jahrhundert wurden deren Stammland, die heutige Mongolei, von nomadisierenden Stämmen geprägt, die erst unter der großen Führergestalt des Temüdschin, später genannt Dschingis Khan (* um 1162, ✝ 1227), zu einem geschlossenen Reich vereinigt wurden. Nach einem der unterworfenen Stämme, dem Tatar, erhielten die Mongolen später den Namen »Tataren«. 1206 war dieser innermongolische Einigungsprozess abgeschlossen, als Temüdschin auf einer Großversammlung der Stämme zum Oberherrscher (Khan) aller mongolischen Teilvölker erhoben wurde und von nun an den Namen Dschingis Khan führte.
 
Der Aufbau einer schlagkräftigen Reiterarmee, gekoppelt mit einer Rechtsvereinheitlichung (Gesetzbuch der Jasa), die die unterschiedlichen Stammestraditionen zusammenführte, ermöglichte Dschingis Khan in der Folgezeit eine planmäßige Eroberungspolitik, die bis 1220 zur Ausbildung eines mongolischen Großreiches führte. Dieser Expansion fielen im Osten zunächst das Qin- und Teile es Xi-Xia-Reiches im heutigen Nordchina zum Opfer (1211-16). Im Westen folgte ab 1219 das islamische Reich Choresmien in Nordpersien, dessen blühende Städte mithilfe neuartiger, von den Chinesen übernommener Belagerungstechniken erstürmt und niedergebrannt wurden. 1223 drangen die Mongolen am Ostrand des Kaukasus vorbei in Südrussland ein, wo sie an der Kalka ein russisches Aufgebot vernichteten.
 
1236 stießen die mongolischen Heere unter der Führung Batus, eines Enkels Dschingis Khans, erneut nach Westen vor, überrannten das Reich der Wolgabulgaren um die Stadt Bulgar an der mittleren Wolga (1237/38), eroberten in den folgenden Jahren die russischen Fürstentümer mit Ausnahme Nowgorods und drangen über Galizien nach Ungarn sowie nach Schlesien vor, wo sie am 9. April 1241 bei Liegnitz ein deutsch-polnisches Ritterheer unter der Führung des Herzogs Heinrich II. von Schlesien vernichteten. Dass Europa von weiteren mongolischen Eroberungen verschont blieb, dürfte auf die Nachricht vom Tod des Großkhans Ögedei (11. Dezember 1241) zurückzuführen sein, die Batu veranlasste, mit seiner Armee wieder nach Zentralasien abzuziehen.

Universal-Lexikon. 2012.