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Rassentheorien
Rassentheori|en,
 
v. a. im Rahmen der Kulturanthropologie entwickelte Vorstellungen, die einen ursächlichen Zusammenhang herstellen zwischen körperlichen Merkmalen und angeblichen Charaktereigenschaften beziehungsweise kognitiven Fähigkeiten ganzer Menschengruppen einerseits und den von ihnen geschaffenen Kulturen andererseits. In verschiedenen Formen leisten diese Theorien dem Rassismus Vorschub oder liegen ihm zugrunde. Die Diskussion begann in der Zeit der Aufklärung (z. B. in der Abhandlung »Systema naturae« von C. von Linné, aber v. a. mit physiognomischen Vorurteilen) und kulminierte gegen Ende des 19. Jahrhunderts in einer spezifischen Rassenideologie, die sich mit dem Überlegenheitsbewusstsein der Europäer bei ihrer kolonialen Ausbreitung über die Welt verband.
 
Einen ersten Höhepunkt in der Entwicklung von Rassentheorien bilden die Thesen J. A. Comte de Gobineaus, der den Begriff der »Rasse« zum zentralen Begriff der Geschichte macht; seine Ansicht von der kulturschöpferischen Kraft der »Arier« und ihrer Berufung zur Herrschaft beeinflusste v. a. H. S. Chamberlain und die nationalsozialistischen Rassentheorien (H. F. K. Günther). Mit diesen rassenideologischen Vorstellungen verbanden sich sozialdarwinistische Thesen (Sozialdarwinismus). Vor dem Hintergrund solcher Theorien wurde der Staat zum Produkt von »Rassenkämpfen«. Im kontinentalen Europa verknüpfte sich die immer schon vorhandene Judenfeindschaft mit diesen Rassentheorien zum modernen Antisemitismus. Im Nationalsozialismus verbanden sich ultranationalistische und antikapitalistische Ziele mit antisemitischen und antislawischen Vorstellungen zu einer menschenfeindlichen synkretistischen Ideologie.

Universal-Lexikon. 2012.