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Be|ru|fung [bə'ru:fʊŋ], die; -, -en:1. Angebot für ein wissenschaftliches, künstlerisches o. ä. Amt:
eine Berufung als Professorin annehmen.
2. <ohne Plural> das Sichberufen, das Sichstützen (auf jmdn., etwas):
die Berufung auf einen Zeugen, auf eine Aussage.
3. <ohne Plural> besondere Befähigung, die jmd. als Auftrag in sich fühlt:
die innere Berufung zu etwas in sich fühlen.
Syn.: ↑ Sendung (geh.).
4. Einspruch gegen ein Urteil:
Berufung einlegen; in [die] Berufung gehen.
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Be|ru|fung 〈f. 20〉
1. das (Sich-)Berufen
2. Einsetzung in ein Amt, Ernennung
3. 〈Rechtsw.〉 Einspruch, Rechtsmittel zur Nachprüfung od. Änderung eines gerichtlichen Urteils; Sy 〈veraltet〉 Appellation
4. 〈fig.〉 innere Bestimmung für einen Beruf od. etwas zu tun, Aufgabe, Sendung
5. Beschwörung
● \Berufung gegen etwas einlegen 〈Rechtsw.〉 Einspruch gegen etwas erheben; \Berufung eines Professors, einer Professorin an eine Universität; eine \Berufung an eine Universität erhalten; unter \Berufung auf 〈Amtsdt.〉 unter Hinweis auf; die \Berufung zum Lehrer, Arzt in sich fühlen
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Be|ru|fung, die; -, -en:
1.
a) Angebot für ein [wissenschaftliches, künstlerisches, politisches] Amt:
eine B. an das Theater erhalten;
die B. annehmen, ablehnen;
b) (veraltet) das Zusammenrufen:
die B. der Stände, des Reichstages.
2. besondere Befähigung, die jmd. als Auftrag in sich fühlt:
die B. zur Künstlerin.
3. das ↑ 2Sichberufen (2) auf jmdn., etw.:
unter B. auf die Verträge.
4. (Rechtsspr.) Einspruch gegen ein Urteil:
B. gegen ein Urteil einlegen;
die B. zurückweisen;
in die B. gehen (Berufung einlegen).
5. (nordd.) Tadel, Verweis:
eine B. wegen schlechten Betragens.
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Berufung,
1) Hochschulwesen: der aufgrund einer von der Fakultät oder dem Fachbereich einer wissenschaftlichen Hochschule ausgearbeiteten Berufungsliste (meist drei Kandidaten) vom zuständigen Fachminister des Landes (Kultusminister, Wissenschaftsminister) an einen Wissenschaftler gerichtete Antrag, eine frei gewordene oder neu geschaffene Professur (Lehrstuhl) zu übernehmen. Bei Annahme werden in einer Berufungsvereinbarung die Bedingungen der Zusage festgelegt (beamten- und besoldungsrechtliche Einordnung, Umfang der Amtspflichten, personelle und sachliche Ausstattung). Beamtenrechtlich entscheidend ist die mit der Übertragung der Professur (des Lehrstuhls) verbundene Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Das Vorschlagsrecht der Hochschulen ist grundgesetzlich verankert; das Verfahren zur Aufstellung der Berufungsliste ist durch das Hochschulrecht des jeweiligen Landes (im Rahmen des Hochschulrahmengesetzes) geregelt. Grundsätzlich besteht Ausschreibungspflicht. Der zuständige Minister ist bei der Berufung weder an die Reihenfolge des Berufungsvorschlages noch an diesen als Ganzes gebunden; jedoch wird ein Abweichen des Minister vom Vorschlag der Hochschule in der Regel als einschneidender Eingriff in das Selbstergänzungsrecht der Hochschule empfunden. In Österreich und in der Schweiz vollzieht sich die Berufung in ähnlichen Verfahren.
2) Recht: ein Rechtsmittel zur rechtlichen und (im Gegensatz zur Revision) tatsächliche Nachprüfung eines Urteils durch Verhandlung vor dem nächsthöheren Gericht, der 2. Instanz.
Im Zivilprozess (§§ 511 ff. ZPO) ist die Berufung gegen Endurteile der 1. Instanz (mit Ausnahme der dem Einspruch unterliegenden Versäumnisurteile) zulässig, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten aber nur, wenn der Wert der Beschwer 1 500 DM übersteigt. Berufungsgericht für Urteile des Amtsgerichts ist das LG, für erstinstanzlichen Urteile des LG das OLG. Über die Berufung gegen Endurteile des Amtgerichts in Kindschafts- und Familiensachen entscheidet das OLG. Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist (also ohne Verlängerungsmöglichkeit) von einem Monat nach Zustellung des Urteils schriftlich durch einen beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen und innerhalb eines weiteren Monats (hier Fristverlängerung zulässig) zu begründen. Bei Fristversäumung, Formfehlern oder Unzulässigkeit wird die Berufung von Amts wegen verworfen. Der Gegner kann sich der Berufung anschließen (Anschlussberufung). Prozessstoff der Berufungsinstanz ist der gesamte Tatsachenvortrag der 1. Instanz sowie neu vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel, die allerdings im Interesse der Prozessbeschleunigung in bestimmtem Umfang nicht zuzulassen sind (Präklusion), § 528 ZPO. Beweisaufnahmen wirken fort, können aber auch wiederholt und ergänzt werden. Durch Klageänderung oder Widerklage können sogar neue Ansprüche erhoben werden. Die Entscheidung über eine zulässige Berufung ergeht durch Urteil. Es kann im Rahmen der Anträge eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und neue Entscheidungen enthalten oder die Berufung zurückweisen, aber - außer bei der Anschlussberufung - nicht zu einer Schlechterstellung des Berufungsklägers führen. Ausnahmsweise ist bei bestimmten wesentlichen Mängeln des erstinstanzlichen Urteils auch eine Zurückverweisung an die Vorinstanz möglich. Die Kosten einer erfolglosen Berufung treffen den Berufungskläger; sonst richtet sich die Kostenlast nach dem Gesamterfolg.
In Österreich ist im Zivilprozess (§§ 461-501 ZPO) das Vorbringen neuer Ansprüche oder neuer tatbestandsrelevanter Tatsachen in der Berufungsinstanz zur Gänze ausgeschlossen (Neuerungsverbot, § 482 ZPO; Ausnahmen etwa im Arbeitsgerichtsverfahren). Die Bagatellgrenze liegt bei 15 000 öS (Rechtsfragen können überprüft werden). Die Berufungsfrist beträgt vier Wochen, die beim erstinstanzlichen Gericht einzubringende Berufungsschrift muss bereits eine Begründung enthalten.
In der Schweiz untersteht in Zivilverfahren die Berufung (Appellation) an die obere kantonale Instanz unterschiedlichen kantonalrechtlichen Bestimmungen. Mit der Berufung an das schweizerische Bundesgericht kann nur die unrichtige Anwendung eidgenössischen Rechts geltend gemacht, also keine Tatbestandsrüge erhoben werden.
Im Strafprozess (§§ 296 ff., 312 ff. StPO) findet Berufung nur gegen die amtsgerichtlichen Urteile des Schöffengerichts und des Strafrichters statt (§ 312). Berufungsgericht ist die Strafkammer des Landgerichts, und zwar die kleine, wenn der Strafrichter allein, die große, wenn das Schöffengericht geurteilt hatte. Die Berufung muss beim Gericht 1. Instanz eine Woche nach Urteilsverkündigung oder, bei Abwesenheit des Angeklagten, nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 314). Sie kann (muss aber nicht) binnen einer weiteren Woche begründet werden (§ 317). In der Berufungsinstanz kommt es zu erneuter Nachprüfung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer neuen Hauptverhandlung, in der auch neue Beweismittel zulässig sind. Ist die Berufung begründet, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst zu entscheiden oder unter bestimmten Voraussetzungen unter Aufhebung des Urteils an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 328). Berufung kann sowohl vom Angeklagten als auch (und zwar auch zugunsten des Angeklagten) von der Staatsanwaltschaft eingelegt werden (§ 296). Abänderungen zum Nachteil des Angeklagten (»reformatio in peius«) dürfen nicht erfolgen, wenn nur er Berufung eingelegt hat (§ 331).
Im österreichischen Strafprozess ist mit der Berufung gegen schöffen- und geschworenengerichtliche Urteile (§§ 294 ff. StPO) nur der Ausspruch über das Strafmaß (und etwaige mitentschiedene privatrechtliche Ansprüche) anfechtbar; so genannte Strafberufung. Die Berufung im bezirksgerichtlichen Verfahren und Verfahren vor dem Einzelrichter (§§ 464 ff. StPO) geht jedoch weiter (so genannte volle Berufung). Die Berufung muss binnen drei Tagen nach Urteilsverkündung angemeldet werden, für die schriftliche Ausführung (Begründung) steht dann eine Frist von vier Wochen offen. Hat nur der Angeklagte Berufung eingelegt, braucht er eine Verschärfung des Strafmaßes nicht zu fürchten (Verbot der »reformatio in peius«).
In der Schweiz untersteht die Berufung (Appellation) an die obere kantonale Instanz unterschiedlichen kantonalen Bestimmungen.
Andere Verfahren
Auf die Vorschriften der ZPO hinsichtlich des Berufungsverfahrens beziehen sich das Arbeitsgerichtsgesetz und die Verwaltungsgerichtsordnung. Das Sozialgerichtsgesetz enthält eigene Vorschriften zum Berufungsverfahren. Die Finanzgerichtsordnung kennt das Rechtsmittel der Berufung nicht.
3) Theologie: der Vorgang, in dem Gott den Menschen anspricht und ihn zu sich ruft, um ihm einen bestimmten Auftrag zu geben. Was in der Berufung der Propheten geschieht (z. B. Jeremia 1, 4-10), gilt im christlichen Verständnis grundsätzlich für jeden Gläubigen: Er ist in der Taufe bei seinem Namen gerufen, d. h. von Gott angenommen. In den Gaben und Talenten, die ihm vom Schöpfer gegeben sind, kommt die Berufung konkret zum Ausdruck; sie befähigt ihn, eine ihm zugedachte Aufgabe im Leben zu erfüllen. Das 2. Vatikanische Konzil spricht von einer eigenen Berufung jedes Christen. Christliches Leben besteht demnach für jeden darin, seine individuelle Berufung wahrzunehmen und ihr zu folgen. Im katholischen Sprachgebrauch ist Berufung auch die Wahl eines geistlichen Berufs (z. B. Kleriker oder Mönch beziehungsweise Nonne), sofern sie kirchlich geprüft und gebilligt wurde.
B. Fraling: Wie kann ich das Evangelium leben? (1985).
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Be|ru|fung, die; -, -en: 1. a) Angebot für ein [wissenschaftliches, künstlerisches, politisches] Amt: eine B. auf den Lehrstuhl, an das Theater erhalten; die B. annehmen, ablehnen; seine B. als Erster Vorsitzender; b) (veraltet) das Zusammenrufen: die B. der Stände, des Reichstages. 2. besondere Befähigung, die jmd. als Auftrag in sich fühlt: die B. zum Künstler; um Mönch zu werden, braucht es eine wirkliche B. von oben (Nigg, Wiederkehr 99). 3. das Sichberufen (2) auf jmdn., etw.: er hat diesen Gedanken unter B. auf Kant entwickelt; unter B. auf die Verträge. 4. (Rechtsspr.) Einspruch gegen ein Urteil: B. gegen ein Urteil einlegen; die B. zurückweisen; in die B. gehen (Berufung einlegen); der Staatsanwalt ... geifernd: „B. wegen zu geringer Bestrafung.“ (Sobota, Minus-Mann 22). 5. (nordd.) Tadel, Verweis: eine B. wegen schlechten Betragens.
Universal-Lexikon. 2012.