Völkerpsychologie,
Ethnopsychologie, von den Philosophen Moritz Lazarus (* 1824, ✝ 1903) und H. Steinthal sowie dem Psychologen W. Wundt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts begründete Richtung der Psychologie zur Erforschung der kulturellen Eingebundenheit der »höheren psychischen Vorgänge und Entwicklungen«, die in Sprache, Religion, Mythos, Kunst, Rechtsordnung und Brauchtum ihren Ausdruck finden (Wissenschaft vom »Volksgeist«, nach J. G. Herder und G. W. F. Hegel), zunächst auf evolutionistischer Grundlage. Mehr sozialpsychologisch orientiert war die in den 1920er-Jahren entstandene amerikanische Forschung (Kulturanthropologie), die das Normen- und Wertesystem der einzelnen Kultur stärker einbezog (Kulturrelativismus) und die unter deren Einfluss herausgebildeten unterschiedlichen Basisstrukturen der Persönlichkeit (Modalpersönlichkeit) analysierte. Die Forschung (R. Thurnwald, L. Lévy-Bruhl, Ruth Benedict, Margaret Mead, F. Boas, C. Kluckhohn, B. Malinowski, G. P. Murdock) vollzog sich auf der Grundlage empirischer ethnographischer Ergebnisse als vergleichende Analyse im soziologischen, sozialpsychologischen und völkerkundlichen Rahmen. Die besonders von G. Devereux und dem Züricher Psychoanalytiker Paul Parin (* 1916) seit den 50er-Jahren entwickelte Ethnopsychoanalyse (transkulturelle oder vergleichende Psychoanalyse) verbindet Erkenntnisse der Ethnologie, Psychologie und Psychoanalyse und untersucht kulturtypische Modelle psychischen Fehlverhaltens.
E. Beuchelt: Ideengesch. der V. (1974).
Zeitschrift: Kölner Beitrr. zur Ethnopsychologie u. transkultureller Psychologie, Jg. 1 (1995 ff.).
Universal-Lexikon. 2012.