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Wilde Männer
Wilde Männer,
 
Wilde Frauen, Wilde Leute, Wildleute, Waldmenschen der Sage und des Volksglaubens, vielerorts ins Brauchtum übernommen; oft als heilkundige Naturdämonen beschrieben. In deutschen Quellen des 11. Jahrhunderts wird der Aberglaube an »Silvaticae« (Waldfrauen) bekämpft. In der altfranzösischen und mittelhochdeutschen Epik repräsentieren Wilde Männer eine ungezähmte Daseinsform als extremen Gegensatz zum idealisierten Menschentum der Ritterzeit. In dieser Rolle traten sie auch in Spielen bei höfischen Festen auf. Bildliche Darstellung finden sie seit dem 14. Jahrhundert, v. a. aber im 15. und 16. Jahrhundert, am ganzen Körper behaart oder im Zottelgewand, u. a. in der Grafik, auf Bildteppichen (Wildleuteteppiche), in der Buchmalerei, am Chorgestühl, als Bronzeleuchter, auf Glasbildern, auf Minnekästchen u. a., auch in der Heraldik, hier meist mit Eichenlaub umgürtet und bekränzt, oft mit Keule oder abgerissenem Baum (z. B. seit dem 16. Jahrhundert als Wappenhalter und auf Münzen), sowie auf Wirtshausschildern. Wilde Leute traten auch schon früh als Figuren bei den Fastnachtsvergnügungen an Fürstenhöfen und in den Städten (u. a. in Nürnberg) auf (früheste Bildbelege in den Schembartbüchern des 16. Jahrhunderts). Bis heute erhalten haben sie sich u. a. in den Akteuren (im »Tannenbart«) des sommerlichen Wilde-Männle-Tanzes in Oberstdorf (zurückgehend auf ein Tanzspiel zum Empfang des Trierer Kurfürsten von 1793) sowie (als Einzelfigur) als eines der drei fastnächtlichen »Ehrenzeichen« von Klein-Basel.

Universal-Lexikon. 2012.