Civitas
[lateinisch] die, -/...'tates,
1) im Römischen Reich Bezeichnung für die Gesamtheit der Bürger, die Stadt, den Staat, für jedes Gemeinwesen mit den Voraussetzungen bürgerlicher Selbstverwaltung. Bis in die Kaiserzeit war mit Civitas meist die fremde Gemeinde (Civitas peregrina) gemeint, während Rom selbst »Populus Romanus« hieß, die mit ihm verbundenen Städte Colonia oder Municipium; seit dem 3. Jahrhundert galt die Bezeichnung Civitas für alle Gemeinden. Unterschieden wurden in Rom Civitates foederatae (»verbündete Civitates«) mit weitgehender oder vollständiger Souveränität und Civitates sine foedere (»Civitates ohne Bündnis«) mit eingeschränkter Selbstständigkeit.
2) seit karolingischer Zeit in den Quellen häufige Bezeichnung für die Stadt im Mittelalter. Eine Unterscheidung von »civitas« (im S. von »ummauerter Stadt«) und dem noch im 13. und 14. Jahrhundert häufig analog verwendeten Begriff »oppidum« ist erst für das Spätmittelalter genauer möglich.
3) Civitas Romana, im römischen Recht der Inbegriff der dem freien römischen Bürger (Civis Romanus) zustehenden Rechte, das Bürgerrecht, erworben durch Geburt, Verleihung oder Freilassung. Es konnte an Personen oder Gruppen (z. B. die Italiker nach den Bundesgenossenkriegen) verliehen werden; durch die Constitutio Antoniniana (212 n. Chr.) wurde es allen freien Reichsuntertanen verliehen. Der Vollbürger musste die vom Staat auferlegten Pflichten (lateinisch munera) leisten und seine staatsbürgerliche Rechte (Stimmrecht in den Komitien) wahrnehmen, der Halbbürger (civis sine suffragio) besaß kein Stimmrecht.
A. N. Sherwin-White: The Roman citizenship (Oxford 21973).
4) Bezeichnung für die geschlossene, politisch selbstständige germanische Volksgemeinde. Sie wurde vielfach Grundlage der späteren kirchlichen Einteilung (z. B. Diözesangrenzen links des Rheins).
Universal-Lexikon. 2012.