Gerbstoffe,
Stoffe, die bei der Lederherstellung mit dem Kollagen der Tierhaut chemische Reaktionen eingehen (z. B. Hydrophobierung, Vernetzung von Peptidketten) und damit zu einer Erhöhung der Form- und Temperaturbeständigkeit des Eiweißgerüsts führen. Gerbstoffe fällen Gelatine aus wässriger Lösung aus (Nachweisreaktion). Pflanzliche Gerbstoffe werden aus Teilen tropischer und subtropischer Pflanzen gewonnen. Von technischer Bedeutung sind z. B. die Hölzer von Schinopsis quebracho-colorado (Quebracho; 14-25 % Gerbstoffe) und Edelkastanie (Kastanie; 6-15 % Gerbstoffe), die Rinden verschiedener Akazienarten, z. B. Acacia negra (Mimosa; 12-48 % Gerbstoffe) und die Fruchtbecher subtropischer Eichenarten, z. B. Quercus aegilops (Valonea; 25-38 % Gerbstoffe). Die aus zerkleinerten Pflanzenteilen gewonnenen Gerbextrakte werden in wasserhaltiger Form oder, nach einer Zerstäubungstrocknung, als pulverförmige Zubereitungen in den Handel gebracht. Pflanzliche Gerbstoffe sind komplizierte Gemische von Verbindungen mit phenologischen OH-Gruppen, die Wasserstoffbrücken zu den Peptidketten des Kollagens ausbilden können. Hydrolysierbare Gerbstoffe (Tannine) sind esterartige Verbindungen, die durch Enzyme oder Säuren in niedermolekulare Spaltprodukte (z. B. Ellagsäure) zerlegt werden. Kondensierbare Gerbstoffe sind Polyphenole, die durch Säuren in höhermolekulare Produkte (Pyrocatechingerbstoffe) und schließlich in schwer lösliche Phlobaphene umgewandelt werden. Zu ihnen gehören u. a. die Catechine und das Leukofisetinidin. Synthetische organische Gerbstoffe (Syntane) werden z. B. durch Sulfonierung von aromatischen Kohlenwasserstoffen oder Phenolen und Kondensation der Sulfonierungsprodukte mit Formaldehyd hergestellt. Aldehyde (Formaldehyd, Glutardialdehyd) werden v. a. zur Vorgerbung verwendet. Sie sind die wirksamen Gerbstoffe bei der Rauchgerbung in der Nähe von Holzfeuern. Ihre Wirkung beruht auf der chemischen Reaktion mit den Aminogruppen des Kollagenbausteins Lysin. Als anorganische oder mineralische Gerbstoffe werden v. a. Salze des Chroms, Aluminiums und Zirkoniums verwendet (z. B. Chromsulfat, Aluminiumsulfat, Alaune, Zirkonium(IV)-sulfat), wobei Chromgerbstoffe heute von allen Gerbstoffen die größte Bedeutung haben. Chrom(III)-Salze bilden in wässriger Lösung mehrkernige Hydroxokomplexe, die mit freien Carboxylgruppen des Kollagens reagieren und zu Molekülvernetzungen führen.
Universal-Lexikon. 2012.