Hunnenkönig Attila
Nach ihrem Auftreten in Europa in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts, den Siegen über Ost- und Westgoten 375 und 376, liegt die Geschichte der Hunnen für die nächsten Jahrzehnte etwas im Dunkeln. Fest steht, dass die Hunnen um 400 von der unteren Donau nach Westen vordrangen und wohl mittelbar die Rheinüberschreitung der Vandalen, Alanen und Sueben bewirkten. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts war besonders der Osten des Reiches den Angriffen der Hunnen ausgesetzt und ihnen tributpflichtig; über ihr Verhältnis zum Westen ist wenig bekannt. Trotz der Freundschaft zu Aetius, seit Beginn der Dreißigerjahre führender Heermeister des Westens, haben die Hunnen möglicherweise auch von dort Tribute erhalten. Bis zum Ende der Dreißigerjahre war nördlich der Donau, von der Ukraine bis zum Rhein, ein großes hunnisches Reich entstanden. 434 waren König Rua seine Neffen Attila und Bleda gefolgt.
Nach der Ermordung seines Bruders wurde Attila 445 Alleinherrscher. Als der Hunnenkönig im Sommer 451 mit angeblich einer halben Million hunnischer Reiter und germanischen Hilfstruppen in Gallien einmarschierte, stellten sich ihnen ein weströmisches Heer unter Aetius, die Westgoten unter Theoderich I. sowie die Franken entgegen. In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (zwischen Châlons-sur-Marne und Troyes) wurden die Hunnen unter großen Verlusten zurückgeworfen, Attila verlor den Ruf der Unbesiegbarkeit. Die Hunnen wandten sich nach Italien und plünderten im Sommer 452 Aquileia, Pavia und Mailand. Ob der Grund für ihren Abzug eine Seuche oder eine Bittgesandtschaft Papst Leos I. war, der sie vom Vorstoß nach Rom abhalten wollte, bleibt dahingestellt. Attila starb im folgenden Jahr; das Hunnenreich zerfiel bald nach seinem Tod.
Den Hunnenkönig lediglich als Plünderer zu sehen, wie es die spätantiken Quellen vornehmlich tun, wird seiner Rolle nicht gerecht. Seine Zielsetzung über die Konzeption eines Großstaates hinaus bleibt ungewiss, die Zerstörung des Imperium Romanum war offensichtlich nicht beabsichtigt. Während Attila in der christlichen Überlieferung als »Geißel Gottes« fortlebte, in der altnordischen Sage als goldgieriger, grausamer Atli, erscheint er in der deutschen Heldendichtung - am bekanntesten als Etzel im Nibelungenlied - als gütiger Herrscher, der an seinem Hof der Hilfe suchenden Kriemhild Zuflucht und Unterstützung gewährt.
Universal-Lexikon. 2012.