Kaspar-Hauser-Versuch,
Die neuere Verhaltensforschung gebraucht den Begriff Kaspar-Hauser-Versuch für Versuche, bei denen Tiere isoliert von ihrer natürlichen Umwelt aufgezogen werden. Hierdurch erhofft man sich Aufschlüsse über die Frage, ob bestimmte Verhaltensweisen erlernt oder angeboren sind.
1828 tauchte in Nürnberg ein Findelkind auf, das seinen Namen mit Kaspar Hauser angab und behauptete, in einem Kellerverlies gefangen gehalten worden zu sein. Die bis heute nicht geklärten Berichte des Jungen erregten besonders bei Pädagogen lebhaftes Interesse. Hauser wurde in kurzer Zeit mit dem Bildungsgut der Zeit bekannt gemacht und in gefühlsbetonende Salons eingeführt, wodurch er seelisch völlig aus dem Gleichgewicht geriet. Der Jurist P. J. A. Ritter von Feuerbach, Begründer der modernen Kriminalpsychologie in Deutschland, brandmarkte den Fall Hauser als »Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen«. Als Obervormund verhalf er Hauser zu einer Stelle als Aktenkopist. Am 17. Dezember 1833 starb Hauser an den Folgen eines drei Tage zuvor verübten Mordanschlags.
Um sein Schicksal entspann sich eine lebhafte Kontroverse, zumal u. a. Feuerbach die These vertrat, Hauser sei vermutlich mit dem 1812 geborenen Sohn des badischen Großherzogs Karl Ludwig Friedrich identisch und von der rivalisierenden Linie Hochberg aus dem Weg geräumt worden. Letzte Klarheit darüber ist allerdings bis heute nicht gewonnen worden. - wilde Kinder, Anlage-Umwelt-Problematik.
Universal-Lexikon. 2012.