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Knossos
Knọssos,
 
Stadt des minoischen Kreta, 5 km südöstlich des heutigen Heraklion. Hier befindet sich an der Stelle einer neolithischen Siedlung (etwa 6000 v. Chr.; Kulturschichten bis zu 7 m Höhe) der größte minoische Palast, der nach dem Mythos von Daidalos im Auftrag des Königs Minos für den Minotauros, ein Menschen fressendes Ungeheuer, gebaut worden ist. Seine Bezeichnung als Labyrinth rührt von einem Kultsymbol der Minoer, der Labrys genannten Doppelaxt, her. Der Palast ist auch Schauplatz der Sage von Theseus und Ariadne.
 
Nach Ausgrabungen seit 1900 (begonnen durch A. J. Evans) lassen sich mehrere Bauperioden unterscheiden, die auf mehrfache Neu- und Umbauten zurückgehen. Man unterscheidet im Allgemeinen eine ältere Palastzeit von etwa 2100 bis 1700 und eine jüngere Palastzeit von 1700 bis etwa 1400 v. Chr.; dazwischen liegt die tief greifende Zerstörung des Palastes, vermutlich verursacht durch Erdbeben. Der heute v. a. sichtbare Palast entstand auf dem alten Grundriss in der Blütezeit der minoischen Kultur im 17./16. Jahrhundert v. Chr. und bedeckte eine Fläche von etwa 2 ha. Rings um den Palast dehnte sich die minoische Stadt aus, deren Einwohnerzahl auf über 50 000 geschätzt wird.
 
Die Hauptgebäude des zum Teil aufgrund originaler Bestandteile von Evans rekonstruierten Komplexes (die Rekonstruktionen sind umstritten) waren zwei- bis fünfstöckig und umschlossen einen rechteckigen Mittelhof (26 × 53 m) mit Steinplattenpflasterung, der vielleicht für Stierspiele diente. Die Räume des Palastes waren durch enge Korridore und prunkvolle Treppenanlagen verbunden und umfassten Verwaltungs- und Repräsentationsräume sowie herrschaftliche Wohnräume. Vom Westflügel des Palastes ist das Erdgeschoss erhalten, dessen größten Teil Magazine einnahmen (die nach neuesten Berechnungen 420 Pithoi aufnehmen konnten, jedes dieser Tongefäße fasste 586 Liter; hier fanden sich auch besonders viele Tontäfelchen); zum Hof gerichtet lag hinter einem Vorraum der »Thronsaal« (mit einem Greifenfresko) sowie ein dreiteiliges Heiligtum mit verschiedenen weiteren Räumen. Im südlichen Teil dieses Flügels führte ein monumentales Treppenhaus zum Obergeschoss, wo sich Pfeilersäle mit Lichthöfen und zum Innenhof offene Vorräume (»Loggien«) befanden. Hier wurden ein Archiv und ein Kultschrein mit Schatzkammer (Steingefäße) gefunden. Der Ostflügel enthielt im Nordteil Werkstätten und Großmagazine, im Südteil Wohnräume; das (rekonstruierte) Treppenhaus war zugleich Lichtschacht; im untersten Stockwerk liegen ein Säulensaal (Fundort eines Tontafelarchivs) und zwei ineinander übergehende, nur von Steinpfeilern getrennte Säle, die »Gemächer des Königs« oder »Halle der Doppeläxte« genannt, sowie die »Gemächer der Königin« mit einem Baderaum mit tönerner Sitzbadewanne und (am Ende eines Korridors) Klosett mit Wasserspülung. Vom Wand- und Deckenschmuck (Fresken und Stuckreliefs) sind bedeutende Reste erhalten (Originale in Heraklion, Archäologisches Museum). Die Ursache der Zerstörung des Palastes ist umstritten. Infrage kommt eine Brandkatastrophe (durch kriegerische Einwirkungen?) um 1400/1375. Umstritten ist auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt Träger der mykenischen Kultur die Herrschaft über Knossos übernommen haben und inwieweit nach der Zerstörung ein Wiederaufbau stattfand.
 
Als Hafenplatz für Knossos dienten Amnisos und ein Platz an der Stelle des heutigen Heraklion. In nordöstlicher Richtung vom großen Palast lagen der »kleine Palast« und die so genannte königliche Villa, am Südrand der Siedlung das Tempelgrab von Knossos, das Vorhalle, Hof und zweistöckigen Kultbau besaß, dessen eigentliche Grabkammer jedoch in Fels gehauen war. - In Knossos wurde eine Linearschrift (Linear B; kretische Schriften) verwendet.
 
Über Teilen des Palastes stand in geschichtlicher Zeit ein Tempel der Rhea, vielleicht auch ein Teil der Stadt, die Dorer aus Argos hier um 1000 v. Chr. gründeten.
 
Literatur:
 
L. R. Palmer: A new guide to the Palace of K. (London 1969);
 H. E. L. Mellersh: The destruction of K. (ebd. 1970);
 S. Mirié: Das Thronraumareal des Palastes von K. (1979);
 R. Bichler u. P. W. Haider: Kreta (1988);
 A. Braune: Menes, Moses, Minos. Die Altpalastzeit auf Kreta u. ihre geschichtl. Ursprünge (1988).

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Knọs|sos: altkretische Stadt.

Universal-Lexikon. 2012.