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Oswald von Wolkenstein
Oswald von Wọlkenstein,
 
spätmittelhochdeutscher Liederdichter und -komponist, * Südtirol (Schloß Schöneck im Pustertal?) um 1377, ✝ Meran 2. 8. 1445; entstammte dem Zweig der Tiroler Adelsfamilie der Villanders, der sich nach Burg Wolkenstein im Grödner Tal nannte. Verließ mit zehn Jahren das Elternhaus und führte ein abenteuerliches Wanderleben, das ihn (vielleicht) bis in den Vorderen Orient brachte; um 1400 kehrte er nach Tirol zurück. 1415 trat er in die Dienste König Siegmunds, der ihn in seinen Auseinandersetzungen mit Herzog Friedrich IV. von Österreich als Verbindungsmann zum Tiroler Adel einsetzte; von September 1421 bis März 1422 war Oswald Gefangener seiner Gegner, v. a. Friedrichs auf Schloss Forst (Meran); bis 1434 blieb er in der Umgebung König Siegmunds, danach konzentrierte er den Kreis seines Wirkens auf den südtirolischen Raum, wo er weiterhin wichtige Ämter ausübte. - Oswalds literarisches und musikalisches Werk ist nach Umfang und Bedeutung eines der wichtigsten zwischen Mittelalter und Renaissance. Seine etwa 130 vorwiegend weltlichen Lieder mit Melodien sind im Wesentlichen in drei Sammelhandschriften erhalten. Biographisches spielt in Reiseabenteuern, Politischem und Persönlichem wie Gefangenschaft, Erlebnissen um Geld und Frauen, Essen und Trinken eine große, oft bizarre Rolle; die stark betonte Erotik nimmt die Tradition spätmittelalterlicher Liebesdichtung auf und führt sie zu einem Höhepunkt an Sinnlichkeit. Die einstimmigen Lieder sind das bedeutendste überlieferte Œuvre weltlicher deutscher mittelalterlicher Musik. Moderner sind die 34 mehrstimmigen Lieder, die Adaptionen aus der französischen und italienischen Ars nova (um 1320) darstellen. Seine Werke waren in ihrem stark persönlich gefärbten Erlebnishorizont und Vortragsstil für einen ausgewählten Hörerkreis bestimmt, fanden jedoch in Einzelfällen weite Verbreitung.
 
Ausgaben: Lieder. Mittelhochdeutsch und neuhochdeutsch, herausgegeben von B. Wachinger (Neuausgabe 1980); Die Lieder, herausgegeben von K. K. Klein (31987).
 
Literatur:
 
A. Schwob: O. v. W. Eine Biogr. (Bozen 31979, Nachdr. ebd. 1989);
 
O. v. W., hg. v. Ulrich Müller (1980);
 J. Spicker: Literar. Stilisierung u. artist. Kompetenz bei O. v. W. (1993);
 K. Baasch u. H. Nürnberger: O. v. W. (9.-10. Tsd. 1995);
 D. Kühn: Ich Wolkenstein. Biogr. (Neuausg. 1996).

Universal-Lexikon. 2012.