Reutlingen,
1) Große Kreisstadt in Baden-Württemberg, 382 m über dem Meeresspiegel, Verwaltungssitz des Kreises Reutlingen, an der Echaz nach ihrem Austritt aus der Schwäbischen Alb, am Fuß der Achalm, 109 500 Einwohner; Fakultät für Sozialpädagogik der PH Ludwigsburg, Sitz Reutlingen, Fachhochschulen für Technik, für Wirtschaft und für Textilindustrie, Evangelische Fachhochschule für Sozialwesen, Fachschulen (u. a. Westdeutsche Gerberschule), Theologisches Seminar der evangelischen methodistischen Kirche; Stiftung für konkrete Kunst, Kunst-, Heimat-, Naturkundemuseum; Friedrich-List-Archiv. Reutlingen ist zentraler Einkaufsort für die Umgebung und hat vielseitige Industrie: Elektrotechnik, Feinmechanik, Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau, Textil- und Bekleidungsindustrie, grafisches Gewerbe.
Nach dem Brand von 1726 wird das Stadtbild v. a. von Bauten des 18. Jahrhunderts geprägt. Von der mittelalterlichen Befestigung sind u. a. das Tübinger Tor (13. Jahrhundert, 1528 erhöht) und das Gartentor (13. Jahrhundert) erhalten. Deie gotische Marienkirche (östlicher Rechteckchor nach 1247; Westturm 1343 vollendet); wurde 1530 protestantisch; mit einem Taufstein von 1499 und dem Heiligen Grab (16. Jahrhundert). Am Markt ehemaliges Spital (1333, 1555 erweitert); das »Spendhaus«, ein mittelalterlicher Fachwerkbau, wurde 1989 zum Kunstmuseum ausgebaut; daneben die Stadtbibliothek (1984); das Alten- und Pflegeheim Ringelbach erbaute G. Behnisch 1973-76. Etwas außerhalb die Arbeitersiedlung »Gmindersdorf« von T. Fischer (1904-14).
Das um 1089/90 erstmals erwähnte Reutlingen ist eine staufische Gründung. Einer Marktgründung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (um 1180) verlieh Otto IV. um 1210 erste städtische Rechte, Friedrich II. ließ die Stadt ausbauen und den Marktplatz anlegen. Nach dem Tod des letzten Staufers (1268) erhielt Reutlingen von den Nachfolgern bedeutende Privilegien als Reichsstadt. Reutlingen gehörte im 14. Jahrhundert dem Schwäbischen Städtebund und 1531-47 dem Schmalkaldischen Bund an. 1803 kam die Stadt an Württemberg.
R., bearb. v. M. Blümcke u. a. (1988);
R. Ein Streifzug durch die Stadtgesch., bearb. v. H. A. Gemeinhardt (1990).
2) Landkreis im Regierungsbezirk Tübingen, Baden-Württemberg, 1 094 km2, 276 700 Einwohner. Das Kreisgebiet umfasst einen Teil der mittleren Schwäbischen Alb (Reutlinger Alb und Münsinger Alb, bis über 800 m über dem Meeresspiegel) sowie deren nördliches Vorland (etwa 300 m über dem Meeresspiegel) um die Stadt Reutlingen. Auf der wasserarmen, stark verkarsteten Alb Viehhaltung, Getreide- und Kartoffelanbau, im Vorland auf tonigen bis lehmigen Böden Ackerbau (viel Futtergetreide) und Obstbau. Der Albtrauf ist stark bewaldet (v. a. Buchen). Die Industrie, besonders Textilindustrie und Maschinenbau, konzentriert sich hauptsächlich in Reutlingen, Pfullingen sowie in Metzingen.
Der Landkreis R., hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg u. a., 2 Bde. (1997).
Universal-Lexikon. 2012.