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Romains
Romains
 
[rɔ'mɛ̃], Jules, eigentlich Louis Farigoule [fari'gul], französischer Schriftsteller, * Saint-Julien-Chapteuil (Département Haute-Loire) 26. 8. 1885, ✝ Paris 14. 8. 1972; schloss sich 1906 dem Künstlerkreis »Abbaye« (u. a. mit C. Vildrac und G. Duhamel) in Créteil an. Aus dieser Zusammenarbeit erwuchs der dichterisch-philosophische Gedanke des Unanimismus, dessen Hauptvertreter Romains wurde. Die unanimistische Idee entwickelte Romains in seiner sich von symbolistischer Esoterik distanzierenden Lyrik (»La vie unanime«, 1908) und übertrug sie auch auf den Roman (»Mort de quelqu'un«, 1911, deutsch »Jemand stirbt«), v. a. in seinem Hauptwerk, »Les hommes de bonne volonté« (27 Bände, 1932-46; deutsch »Die guten Willens sind«), in dem er eine Epoche französischen Lebens (1908-33) in seiner Totalität auf verschiedenen Ebenen der Gruppenbildung gestaltet, wobei Paris den Mittelpunkt bildet, das Zeitgeschehen aber weit darüber hinaus einbezogen wird. Zugleich zeigt sich eine Abkehr von traditionellen Erzählstrukturen; das Geschehen wird nicht mehr um einzelne, wiederkehrende Personen oder als Familiengeschichte inszeniert, da die Gestalten als Elemente sozialer, intellektueller oder durch das Gefühl der Liebe oder Freundschaft verbundener Gruppen agieren. Anstelle einer eindimensionalen Fabel treten Episoden und Schicksale, die durch die Parallelität ihres zeitlichen Ablaufs aufeinander bezogen sind. Damit korrespondiert die Aufgabe einer einheitlichen Erzählperspektive: Die Komplexität der dargestellten Epoche präsentiert sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Sichtweisen. Unter dem Eindruck der ideologischen Auseinandersetzungen der Zwischenkriegszeit (Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus) und des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs wich der optimistische Grundton des Romans (Hoffnung auf Überwindung des individuellen und nationalstaatlichen Egoismus durch eine unanimistische Gemeinschaft der »hommes de bonne volonté«) später einer eher resignativen Haltung. In Romains' Theaterstücken werden kollektive Verhaltensweisen an negativen Beispielen exemplifiziert, u. a. in der Komödie »Knock ou le triomphe de la médecine« (1924, Uraufführung 1923; deutsch »Knock oder der Triumph der Medizin«); in seinen politischen Schriften spielt die Idee der europäischen Einigung und der deutsch-französischen Verständigung eine bedeutende Rolle.
 
Weitere Werke: Prosa: Donogoo-Tonka (1920; deutsch Donogoo-Tonka oder die Wunder der Wissenschaft).
 
Essay: Petit traité de versification (1923, mit G. Chennevière).
 
Drama: Le dictateur (1926; deutsch Der Diktator).
 
Roman: Mémoires de Madame Chauverel (1959; deutsch Die Erlebnisse der Madame Chauverel).
 
Literatur:
 
A. Cuisenier: J. R., l' unanimisme et Les Hommes de bonne volonté (Paris 1969);
 
Actes du Colloque J. R. Bibliothèque Nationale, 17-18 février 1978, hg. v. A. Bourin (ebd. 1979);
 L. Jules-Romains: Les vies inimitables. Souvenirs (ebd. 1985).

Universal-Lexikon. 2012.