Versäumnisverfahren,
Zivilprozess: das Verfahren, das bei Versäumnis (Säumnis) einer Partei stattfindet. Versäumnis ist das Nichterscheinen oder Nichtverhandeln einer ordnungsgemäß geladenen Partei in einer mündlichen Verhandlung. Auf Antrag der erschienenen Partei wird ein Versäumnisurteil erlassen, das gegen den säumigen Kläger auf Klageabweisung lautet. Ist der Beklagte säumig, so gilt das ihm rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilte tatsächliche Vorbringen des Klägers als zugestanden; wenn es den Klageantrag rechtfertigt (Schlüssigkeit), ergeht Versäumnisurteil gegen den Beklagten, anderenfalls wird die Klage abgewiesen (»unechtes Versäumnisurteil«). Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergeht auch, wenn er im schriftlichen Verfahren nicht binnen zwei Wochen anzeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen will. Gegen das Versäumnisurteil kann binnen zwei Wochen ganz oder teilweise Einspruch eingelegt und damit der Prozess in die Lage vor Eintritt der Versäumnis zurückversetzt werden; der Rechtsstreit wird im Umfang des Einspruchs neu verhandelt und entschieden. Es ist dann entweder das Versäumnisurteil (ganz oder teilweise) aufrechtzuerhalten oder unter seiner Aufhebung neu zur Sache zu entscheiden. Bei erneuter Säumnis derselben Partei wird der Einspruch hingegen endgültig verworfen (2. Versäumnisurteil). In Ehe- und Kindschaftssachen ist ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten unzulässig. Anstelle des Versäumnisurteils kann die erschienene Partei unter bestimmten Voraussetzungen Entscheidung nach Lage der Akten verlangen (§§ 330 bis 347, 612, 640, 708 Nummer 2 ZPO). - Die Versäumung sonstiger Prozesshandlungen hat im Allgemeinen zur Folge, dass diese von der Partei später nicht mehr rechtswirksam vorgenommen werden können (Präklusion). Gegen die Versäumung von Not- und Rechtsmittelbegründungsfristen ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich.
Auch die österreichische ZPO (§§ 396 ff.) regelt das Versäumnisurteil in ähnlicher Weise. Zulasten der nicht erschienenen Partei wird das tatsächliche gegnerische Vorbringen für wahr gehalten. Gegen das Versäumnisurteil steht dem Ausgebliebenen binnen 14 Tagen der Widerspruch zu.
In der Schweiz sehen die kantonalen Zivilprozessordnungen das Versäumnisverfahren vor, das zur Anwendung gelangt, wenn eine Partei unentschuldigt einer Verhandlung fernbleibt oder einen Gerichtskostenvorschuss nicht bezahlt. Die entsprechenden Säumnisfolgen werden in der Vorladung zur 2. Verhandlung angedroht (peremptorische Vorladung).
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Universal-Lexikon. 2012.