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Vishnuismus
Vishnuịsmus
 
[viʃ-] der, -, Vaishnavịsmus [-ʃ-], Hauptrichtung des Hinduismus, in der Vishnu als höchster Gott verehrt wird. Quellen für die Kenntnis des Vishnuismus sind neben Inschriften die beiden Epen Mahabharata (darin besonders die Bhagavadgita) und Ramayana, die Puranas (besonders das Bhagavata-Purana) und der Harivamsha. Die frühe Entwicklung des Vishnuismus, dessen Anfänge bereits im Rigveda zu erkennen sind, liegen wie die des Shivaismus weitgehend im Dunkeln. Seit dem ausgehenden 1. Jahrtausend v. Chr. wurden lokale Götter und Heroen wie Krishna (Vasudeva) oder Narayana integriert, die Lehre von den Avataras entwickelt und mit der Aufnahme der Bhagavata-Religion die Gottesliebe (Bhakti) als Heilsweg anerkannt. Auch die Wurzeln der im Pancatantra vervollkommneten Lehre von der Welt als Emanationen (Vyuha) Vishnus reichen bis in diese Zeit. In Reaktion auf die philosophischen Spekulationen entstanden im 6. bis 10. Jahrhundert die Vishnu verherrlichenden Lieder der zwölf Alvars, vishnuitischer Hymnendichter aus Südindien, die eine ekstatische Frömmigkeit pflegten und im Vishnuismus als Heilige verehrt werden. Zwischen dem 11. und Anfang des 16. Jahrhunderts bildeten sich in Auseinandersetzung mit der Philosophie Shankaras die vier klassischen vishnuitischen Schulen, die in Kommentaren zum »Brahmasutra« (Badarayana) niedergelegt sind. Sie unterscheiden sich nach der Interpretation des Verhältnisses von Welt, Seele und Gott zueinander und gehen auf die Philosophen Ramanuja (11. Jahrhundert), Nimbarka (13. Jahrhundert), Madhva (13. Jahrhundert) und Vallabha (15./16. Jahrhundert) zurück. Eine ekstatische Richtung schloss sich an das Wirken Caitanyas (15./16. Jahrhundert) an. Im 17. Jahrhundert gewann der Vishnuismus durch Ramdas und den Mystiker Tukaram großen Einfluss in Maharashtra.
 
Literatur:
 
H. Zimmer: Mythen u. Symbole in ind. Kunst u. Kultur (Zürich 1951);
 
Die Religionen Indiens, Bd. 1 u. 2, bearb. v. J. Gonda (1-21963-78);
 B. V. Ramanujam: History of Vaishnavism in South India up to Ramanuja (Annamalainagar 1973);
 J. Gonda: Medieval religious literature in Sanskrit (Wiesbaden 1977).

Universal-Lexikon. 2012.