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Wiesbaden
Wies|ba|den:
Landeshauptstadt von Hessen.

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Wiesbaden,
 
Hauptstadt des Landes Hessen und kreisfreie Stadt, 115 m über dem Meeresspiegel, in geschützter Lage zwischen dem bewaldeten Südosthang des Taunus und dem Rhein, 268 700 Einwohner; Sitz von Landesregierung und Landtag sowie vieler Landes-, Bundes- u. a. Behörden, u. a. Statistisches Bundesamt, Bundeskriminalamt, Deutsche Pfandbriefanstalt, Landesamt für Bodenforschung, Hessisches Statistisches Landesamt, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung; Fachhochschule Wiesbaden (Fachbereiche Architektur, Bauingenieurwesen, Gestaltung, Informatik, Sozialwesen, Wirtschaft, Fernsehtechnik/Medienwirtschaft), Fachhochschule Fresenius Wiesbaden (Chemie), Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden, Hessenkolleg. - Im Zusammenhang mit der ehemaligen Funktion als Residenz und internationaler Kurort hat Wiesbaden ein reiches kulturelles Leben: Staatstheater, Museum, Hessische Landesbibliothek, Hessisches Hauptstaatsarchiv, Kongresszentrum, Spielbank, Internationale Maifestspiele (seit 1896), Internationales Reitturnier, Filmbewertungsstelle Wiesbaden, Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft; Landesstudio des Zweiten Deutschen Fernsehens; Sitz der Gesellschaft für deutsche Sprache und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Wiesbadens Bedeutung als Heilbad beruht auf 27 Mineralquellen (davon 26 Natriumchlorid-Thermen zwischen 38 und 67 ºC), die hier in der Störungszone zwischen Rheinischem Schiefergebirge und Oberrheingraben zutage treten; sie sind bereits bei Plinius dem Älteren erwähnt und werden besonders gegen Rheuma (Rheumaklinik) und Gicht sowie Erkrankungen der Atmungsorgane angewendet; Thermalbad, Deutsche Klinik für Diagnostik; Kurpark (1852 angelegt). Industrie v. a. auf dem Rheinufergelände der südlichen Vororte Biebrich, Schierstein, Amöneburg, Kastel und Kostheim: chemische, Baustoff-, elektrotechnische und elektronische Industrie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Nahrungs- und Genussmittelindustrie; Verlage.
 
Stadtbild:
 
Das Stadtbild wird weitgehend vom 19. und frühen 20. Jahrhundert geprägt. Am Markt das Alte Rathaus (1609-10), die neugotische Marktkirche mit dem 92 m hohen Westturm (1852-62), das Neue Rathaus (1884-87 von G. J. Hauberrisser im Neurenaissancestil) und das Schloss (1837-41 nach Plänen von G. Moller, seit 1946 Landtag; ), dessen Innenausstattung ein Hauptwerk des Klassizismus ist. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die doppeltürmige Bonifatiuskirche (1845-49), die russisch-orthodoxe Kirche auf dem Neroberg mit fünf vergoldeten Kuppeln (1846-55), ferner das heutige Justizministerium im italienischen Palazzostil (1838-42), das Erbprinzenpalais (1813-20, heute Sitz der Industrie- und Handelskammer), die Kolonnaden der Kuranlagen (zwischen 1826 und 1839), Ende 19., Anfang 20. Jahrhundert das Kurhaus mit mächtiger Säulenfront (1904-07 von F. Thiersch) und das Theater (1892-94 von F. Fellner und H. Helmer im Neubarockstil, mit glanzvollem Foyer 1901-02), Ringkirche (1892-94) in romanisierenden Formen, Hauptbahnhof (1904-06) und Landeshaus (1904-07) in klassizistischem Neubarock. Herrschaftliche Wohnhäuser von einmaliger Geschlossenheit v. a. östlich der Altstadt. - In Bierstadt romanische Kirche (11./12. Jahrhundert); in Biebrich das Schloss.
 
Geschichte:
 
Bereits in der Steinzeit war der Wiesbadener Raum besiedelt, eine größere jungsteinzeitliche Siedlung wurde im heutigen engeren Stadtgebiet nachgewiesen. Vermutlich zur Zeit des Kaisers Augustus wurde ein Militärposten auf dem Heidenberg (Erdlager) als rechtsrheinischer Brückenkopf zur Sicherung von Mogontiacum (heute Mainz) angelegt. Um 40-50 n. Chr. waren ein römisches Kastell und in Stein gebaute Thermen vorhanden. Die römische Zivilsiedlung wurde erstmals 121/122 unter dem Namen Aquae Mattiacorum auf einem Meilenstein erwähnt, zuletzt 368/369, während römische Funde noch bis Anfang des 5. Jahrhunderts zu datieren sind. Zwischenzeitlich und danach erfolgten Besiedlungen durch Alemannen, die um 260 bereits einmal die römische Siedlung zerstört hatten, nach 400 wohl auch durch Burgunder, Ende des 5. Jahrhunderts durch Franken. In fränkischer Zeit war der Ort, 828/830 erstmals als Wisibada bezeichnet, Sitz eines Königshofs und Mittelpunkt des Königssondergaus. Seit dem Spätmittelalter gehörte Wiesbaden den Grafen von Nassau. Im 13. Jahrhundert war es bis zu seiner Zerstörung 1242 vorübergehend Reichsstadt; 1547 vernichtete ein Brand fast die gesamte mittelalterliche Bausubstanz. 1744 wurde die Stadt Regierungssitz des Fürstentums Nassau-Usingen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Wiesbaden zu einem internationalen Kurort. Bis 1866 war es Hauptstadt des 1806 geschaffenen Herzogtums Nassau, nach 1866 Verwaltungssitz des preußischen Regierungsbezirks Wiesbaden in der Provinz Hessen-Nassau. 1945 wurde die Stadt Hauptstadt des Landes Hessen, in der sich zahlreiche Verlage mit früherem Standort im Osten Deutschlands sowie Betriebe der Filmindustrie ansiedelten.
 
Literatur:
 
Gesch. der Stadt W., hg. vom Magistrat der Stadt W., 4 Bde. (1974-81);
 A. Schaefer: W. Von der Römersiedlung zur Landeshauptstadt (31985);
 W. Czysz: W. in der Römerzeit (1994);
 U. van den Bergh: Der Hess. Landtag - ein Schloß als Parlamentssitz (1995);
 
Architektur u. Städtebau in W. nach 1945, hg. v. T. Dilger u. a. (1995);
 
W. Gesch. im Bild von der Römerzeit bis zur Gegenwart, Beitrr. v. H. Schoppa u. a. (41997).
 

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Wies|ba|den: Landeshauptstadt von Hessen.

Universal-Lexikon. 2012.