Gụss|ei|sen 〈n. 14; unz.〉 nicht od. schlecht schmiedbares, kohlenstoffhaltiges Eisen, das nur durch Gießen geformt werden kann; Ggs Schmiedeeisen
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Gụss|ei|sen: ein weder schmied- noch schweißbarer, harter u. spröder Eisenwerkstoff, der im Allg. 2–4 % Kohlenstoff in Form von Kugel- oder Lamellengraphit (Grauguss) u./od. Eisencarbid (Hartguss) enthält. Durch ↑ Tempern lassen sich die Schmiedeeigenschaften verbessern (Temperguss).
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Gụss|ei|sen, das:
graues, sprödes, nicht schmiedbares Roheisen von geringer Elastizität u. hoher Druckfestigkeit.
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Guss|eisen,
Eisen-Kohlenstoff-Silicium-Legierung mit 2 bis 4 % Kohlenstoff, 0,5 bis 3 % Silicium und weiteren aus Vorprozessen stammenden Begleitelementen wie Mangan, Phosphor und Schwefel. Man unterscheidet graphitisches Gusseisen — Gusseisen mit Lamellengraphit (GG, früher Grauguss) Gusseisen mit Kugelgraphit (GGG) sowie Gusseisen mit Vermiculargraphit (GGV) —, die alle eine graue Bruchfläche haben, sowie zementitisches oder weißes Gusseisen — Temperguss und Hartguss — mit weißen Bruchflächen. Gusseisen wird durch Zusammenschmelzen von Stahlschrott, Roheisen, Gussbruch, Kreislaufeisen und weitere Zusätze im Kupolofen oder im Elektroofen erzeugt. Wegen der Erschmelzung mit Koks findet im Kupolofen eine Aufkohlung statt, im Elektroofen sind Kohlenstoffträger einzusetzen. Zum Verflüssigen der Reaktionsschlacken wird Kalkstein verwendet. Graues Gusseisen erstarrt in der Form nach dem stabilen, weißes Gusseisen nach dem metastabilen Eisen-Kohlenstoff-Diagramm. Bei stabiler Erstarrung kristallisiert als graphitisches Eutektikum Osannit, bei metastabiler Erstarrung als zementitisches Eutektikum Ledeburit. Auch Mischgefüge — meliertes Gusseisen — sind möglich. Die Ausbildung der Erstarrungsart hängt von der Abkühlgeschwindigkeit (Wanddicke) und dem Graphitisierungsgrad ab, der durch eine Funktion von Kohlenstoff- und Siliciumgehalt bestimmt wird. Gusseisen bildet eine stahlähnliche Grundmatrix aus Ferrit und Perlit aus, in die bei stabiler Erstarrung Graphit eingelagert ist. Bei der eutektischen Kristallisation kristallisiert aus der metallischen Phase somit eine nichtmetallische Phase aus, die den Begriff »graues Gusseisen« als einen natürlichen Verbundwerkstoff rechtfertigt. Die Graphitausscheidung verringert das Volumendefizit beim Erstarren und begründet damit die Möglichkeit, ohne Fremdspeisung zu gießen. Andererseits unterbricht Graphit den Kraftfluss bei mechanischer Belastung in der Grundmatrix (Kerbwirkung) und führt vorzeitig zum Bruch.
Ein wichtiges metallurgisches Kriterium aller Gusseisensorten ist der eutektische Kohlenstoffgehalt, d. h. der Kohlenstoffgehalt, bei dem die Liquidustemperatur ein Minimum erreicht (etwa 1 150 ºC). Graphitstabilisierende Elemente wie Silicium verringern, carbidstabilisierende Elemente wie Chrom erhöhen den Wert, der bei reinen Eisen-Kohlenstoff-Legierungen 4,2 % C beträgt. Je nach analytischem Kohlenstoffgehalt werden die Gusseisensorten in untereutektisches, eutektisches und übereutektisches Gusseisen eingeteilt. Gusseisen mit Kugelgraphit wird derzeit nur übereutektisch erschmolzen; es scheidet bereits vor Erstarrungsbeginn Primärgraphit aus der Schmelze aus.
Gusseisen mit Lamellengraphit wird seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in China geschmolzen und vergossen, es entstanden v. a. Werkzeuge für den Ackerbau. Eisengussteile wie eine Buddha-Figur (Höhe 20 m), eine Löwen-Figur (Höhe 6 m) sowie Teile für vielstöckige Pagodenbauten stammen aus dem 7., 10. und 11. Jahrhundert In Europa wurde diese technische Entwicklung erst im 14. Jahrhundert erreicht, neben Kanonenkugeln und Geschützrohren wurden Wasserleitungsrohre, Glocken und Haushaltsgegenstände gegossen. Kugelgraphit wurde um 1930 in stark entschwefeltem naheutek. Gusseisen zufällig entdeckt, Gusseisen mit Kugelgraphit in den 40er-Jahren auf der Basis von NiMg-Legierungen entwickelt und patentiert. Seit 1967 wurde die Behandlung mit Magnesium zum Stand der Technik.
Fast die Hälfte der Gusserzeugung wird vom Kraftfahrzeugbau (Motorblöcke, Zylinderlaufbüchsen, Kurbelwellen u. a.) benötigt, weiter wird Gusseisen verwendet für Tübbings beim Tunnelbau, Radiatoren und Kesselglieder für Heizungsanlagen, Werkzeugmaschinenbetten u. a. Die Weltproduktion von Gusseisen betrug 1993 rd. 48,8 Mio. t/Jahr, davon Gusseisen mit Kugelgraphit rd. 10,8 Mio. t/Jahr und Gusseisen mit Lamellengraphit rd. 40,9 Mio. t/Jahr. Legiertes Gusseisen enthält Zusatzelemente wie Ni, Cr, Mo, Cu und ist nach entsprechender Wärmebehandlung wie Stahl zur Ausbildung austenitischer, carbidischer, bainitischer oder martensitischer Grundgefüge mit entsprechend besseren Festigkeitseigenschaften fähig. Temperguss ist eine untereutektische, metastabil erstarrende Eisen-Kohlenstoff-Silicium-Legierung, die als Temperrohguss erschmolzen und vergossen wird. Er ist schmiedbar und gehört zu den duktilen Gusseisenwerkstoffen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird in Deutschland in zahlreichen Gießereien weißer Temperguss hergestellt. Er enthält 3,1 bis 3,4 % C und 0,5 bis 0,8 % Si. Der Rohguss wird im Kupolofen erschmolzen. Durch höhere Siliciumgehalte (1,2 bis 1,5 % Si) wird die Glühzeit erheblich verringert; dies setzt jedoch ein Absenken des Kohlenstoffgehaltes (2,3 bis 2,7 % C) voraus, um stabile Erstarrung (Faulbruch) zu vermeiden. Der Kupolofen ist dafür als Schmelzaggregat ungeeignet. Die im Elektroofen erschmolzenen Sorten werden als schwarzer Temperguss bezeichnet, weil der metastabil erstarrte Rohguss in neutraler Atmosphäre geglüht wird und dadurch Temperkohle im Gussstück verbleibt. Die Weltproduktion an weißem und schwarzem Temperguss betrug 1993 2,2 Mio. t/Jahr. Hartguss ist ein metastabil erstarrendes Gusseisen mit 2,5 bis 3,8 % C und niedrigem Graphitisierungsgrad. Carbidstabilisierende Elemente wie Chrom fördern die Weißerstarrung. Bei Vollhartguss erstarrt in allen Gussquerschnitten weißes Gefüge. Bei Schalenhartguss wird durch Schreckplatten ledeburitisches Hartgussgefüge an definierten Stellen erzeugt. Mildhartguss mit etwa 2,5 bis 3 % C entsteht durch geringere Abschreckwirkung (mit Lehm überzogene Kokillen).
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Gụss|ei|sen, das: graues, sprödes, nicht schmiedbares Roheisen von geringer Elastizität u. hoher Druckfestigkeit.
Universal-Lexikon. 2012.