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Kernreaktion
Kẹrn|re|ak|ti|on 〈f. 20; Phys.〉 physikalischer Vorgang in Atomkernen, vor allem Umwandlung von Kernen beim Zusammenstoß mit energiereichen Teilchen, wie Protonen, Neutronen, Deuteronen, Elektronen u. elektromagnetische Strahlungsquanten

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Kẹrn|re|ak|ti|on; Syn.: kernphysikalische Reaktion: durch äußere Einwirkung von Strahlung (Gamma-Strahlen) oder Teilchen (Nukleonen, Elektronen, Deuteronen, α-Teilchen u. dgl.) ausgelöste Kernumwandlungen (induzierte Radioaktivität). In der zur Beschreibung von K. benutzten Notation A(a,b)B bedeutet A das Ausgangsnuklid u. B das neu entstandene Nuklid der K., während a eintretende u. b austretende Teilchen bzw. Quanten symbolisieren, z. B. in Austauschreaktionen (z. B. 157 N(p,α) 126C), Kernphotoeffekten (z. B. 3115P (γ, pn) 2914Si), Einfangreaktionen (z. B. 126C(p, γ) 137N, vgl. Brüten), Spallationen (z. B. 6529Cu(d,15 p 20 n)3215P), Kernspaltungen (z. B. 23592U + n → 14456Ba + 8936Kr + 3 n + γ) u. Kernfusion. Weitere K. sind Streuung, Paarbildung u. Zerstrahlung.

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Kẹrn|re|ak|ti|on, die (Physik):
natürlicher od. künstlicher, zur Umwandlung eines Atomkerns führender kernphysikalischer Prozess.

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Kernreaktion,
 
jede durch Stoß mit einem anderen Kern (Leicht- und Schwerionenreaktion) oder Elementarteilchen (einschließlich γ-Quanten) bewirkte Umwandlung von Atomkernen. Kernreaktionen unterscheiden sich damit von spontan ablaufenden Kernumwandlungen (Radioaktivität, spontane Kernspaltung), die häufig als Folge einer Kernreaktion im Endkern auftreten. Im weiteren Sinn wird jeder Stoß, bei dem Kernkräfte oder Kernfreiheitsgrade involviert sind, als Kernreaktion bezeichnet, also insbesondere auch inelastische und elastische Streuung unter Mitwirkung der Kernkräfte. Da die Bindung der Nukleonen im Kern millionenfach stärker ist als die Bindung der Hüllenelektronen, werden bei Kernreaktionen entsprechend millionenfach größere Energien umgesetzt als bei chemischen Reaktionen. Daher finden natürliche Kernreaktionen in größerem Umfang nur im Innern von Sternen statt, wo bei extremen Temperaturen die notwendigen kinetischen Energien verfügbar sind. Bei den dort beteiligten riesigen Materiemengen ist eine Beschreibung mit statistischen Begriffen wie Reaktionsraten und -wärmen zweckmäßig.
 
Bei im Labor durchgeführten Kernreaktionen wird üblicherweise ein Strahl einer bestimmten Teilchensorte mit einer bestimmten Energie auf ein so genanntes Target gelenkt, das die Teilchenart enthält, deren Wechselwirkung mit den Strahlteilchen untersucht werden soll. Art und Eigenschaften (z. B. Energie, Impuls, Polarisation) der kollidierenden Teilchen definieren den so genannten Eingangskanal. Die Reaktionsprodukte werden unter bestimmten (aber veränderlichen) Richtungen relativ zum einfallenden Strahl registriert. Werden dabei alle für eine eindeutige Beschreibung erforderlichen Eigenschaften aller Reaktionsprodukte gemessen, so spricht man von einem vollständigen Experiment. Durch Art und Eigenschaften der Reaktionsprodukte wird ein so genannter Ausgangskanal definiert. Meistens sind bei einem bestimmten Eingangskanal mehrere, bei großen Wechselwirkungsenergien gewöhnlich sogar viele Ausgangskanäle möglich. Eine Kernreaktion ist durch die Angabe von Eingangs- und Ausgangskanal eindeutig beschrieben. Die am häufigsten untersuchten Kernreaktionen sind solche mit zwei Teilchen im Eingangs- (A, a) und im Ausgangskanal (B, b). Für die Notation solcher Kernreaktionen hat sich neben der Schreibweise A + a → B + b eine kürzere eingebürgert: A (a, b) B, wobei in der Klammer das Projektil (a) und das mit einem Detektor nachgewiesene (spektroskopierte) Teilchen (b) stehen. Bei solchen Zweiteilchenkernreaktionen ist jedes der beiden Teilchen im Ausgangskanal durch das andere kinematisch vollständig determiniert (Kinematik); für ein vollständiges Experiment genügt daher der Nachweis nur eines Teilchens und seiner wesentlichen Eigenschaften.
 
Aus der Zahl der innerhalb einer bestimmten Zeitspanne in einem Ausgangskanal registrierten Ereignisse und der Intensität des einfallenden Teilchenstrahls lässt sich der Wirkungsquerschnitt für eine Kernreaktion (Reaktionsquerschnitt) bestimmen. Gewöhnlich wird der differenzielle Reaktionsquerschnitt σr (E, ϑ), eine Funktion der Energie E des Strahlteilchens und des Streuwinkels ϑ des spektroskopierten Teilchens, angegeben. Der integrale Reaktionsquerschnitt σr (E) ergibt sich durch Integration über den ganzen Raumwinkel. Die Wirkungsquerschnitte zeigen in Abhängigkeit von der Projektilenergie oft ausgeprägte Resonanzerscheinungen. Das ist insbesondere bei Kernreaktionen mit niederenergetischen Neutronen der Fall, z. B. bei deren Absorption durch Uran.
 
Neben der unmittelbaren Gewinnung experimenteller Informationen (z. B. für die Kerntechnik) dienen Kernreaktionen v. a. der Untersuchung der Reaktionsmechanismen, der Kernkräfte sowie Zwecken der Kernspektroskopie, d. h. der Gewinnung von Daten über die Kerne und deren angeregte Zustände.

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Kẹrn|re|ak|ti|on, die (Physik): natürlicher od. künstlicher, zur Umwandlung eines Atomkerns führender kernphysikalischer Prozess.

Universal-Lexikon. 2012.