Ödi|pus|kom|plex 〈m. 1; unz.; Psych.〉 in früher Kindheit sich entwickelnde, übersteigerte Bindung des Sohnes an die Mutter; Sy Mutterkomplex [nach dem sagenhaften grch. König Ödipus, der unwissend seinen Vater erschlug u. seine Mutter heiratete]
* * *
Ödi|pus|kom|plex, der [nach dem thebanischen Sagenkönig Ödipus, der, ohne es zu wissen, seine Mutter heiratet] (Psychoanalyse):
zu starke Bindung eines Kindes an den gegengeschlechtlichen Elternteil, bes. des Sohnes an die Mutter.
* * *
Ödipuskomplex
[nach der mythologischen Gestalt], bei S. Freud Bezeichnung für die erstmals in »Die Traumdeutung« (1900) beschriebene Beziehungskonstellation, in der das Kind zu seinen Eltern steht, nachdem es eine frühe genitale Phase, die phallische Phase, erreicht hat. Kennzeichnend ist die Neigung des Jungen zur Mutter, wobei der Vater als Rivale erfahren wird. Aus Angst vor Kastration (Kastrationskomplex) ist der Junge zur Verdrängung seiner sexuellen Neigungen gezwungen und identifiziert sich schließlich mit dem Vater. Analog ist beim Mädchen (die weibliche Variante des Ödipuskomplexes wird auch Elektrakomplex genannt) die Anlehnung an den Vater und Rivalisierung mit der Mutter, schließlich das Aufgeben der sexuellen Neigungen und Identifikation mit der Mutter kennzeichnend. Diese Identifikation erfolgt durch eine Verinnerlichung der elterlichen Verbote und Normen und führt zur Ausbildung des Überich und damit zu einer allmählichen Identifikation des Jungen mit der Männlichkeit des Vaters sowie beim Mädchen zur Übernahme der weiblichen Rolle der Mutter. Nach vollzogener Verdrängung ist die ödipale Situation überwunden. Deren Komplexität beruht darauf, dass neben der Rivalisierung mit dem einen Elternteil immer auch eine positive Bindung an diesen besteht und als Voraussetzung für die Ausbildung der eigenen Identität bestehen muss. Störungen dieser Entwicklungsphase können nach psychoanalytischer Auffassung zu psychischen Störungen (Neurosen, Regression), zu Fehlidentifikationen hinsichtlich der eigenen Geschlechtsrolle (z. B. Homosexualität) und neurotischen Partnerwahl beziehungsweise -beziehung führen. Die Bedeutung der Psychoanalyse bei der Neurosenbewältigung wird oft in einer (verspäteten) Bewältigung des Ödipuskomplexes gesehen.
Die Vorstellungen Freuds zur ödipalen Entwicklung werden von modernen Tiefenpsychologen nicht uneingeschränkt geteilt. Vielfach wird darauf verwiesen, dass Freuds Beobachtungen spezifisch für seine Zeit gewesen seien, in der eine starke Tabuisierung des Sexuellen und mangelnde geschlechtliche Aufklärung solche kindliche Fantasien begünstigt hätten.
* * *
Ödi|pus|kom|plex, der [nach dem thebanischen Sagenkönig Ödipus, der, ohne es zu wissen, seine Mutter geheiratet hatte] (Psychoanalyse): zu starke Bindung eines Kindes an den gegengeschlechtlichen Elternteil, bes. des Knaben an die Mutter: einen Ö. haben; Übermächtige Vaterfiguren lösten -e ... aus (Spiegel 15, 1981, 139).
Universal-Lexikon. 2012.