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Boltzmann-Statistik
Bọltzmann-Statistik,
 
statistische Physik: die von L. Boltzmann aufgestellte physikalische Statistik für Systeme aus sehr vielen physikalisch völlig gleichen, aber als unterscheidbar betrachteten Teilchen, die sich gemäß den Gesetzen der klassischen Mechanik verhalten (Gegensatz Quantenstatistik) und deren gegenseitige Wechselwirkungskräfte wesentlich weniger weit reichen als ihr mittlerer Abstand (im Unterschied zur Lynden-Bell-Statistik). Kennzeichen der Boltzmann-Statistik ist, dass die Vertauschung von Teilchen wegen deren Unterscheidbarkeit stets zu einem neuen thermodynamischen Zustand führt (im Unterschied zu der auf der Nichtunterscheidbarkeit atomarer Teilchen beruhenden Bose-Einstein- beziehungsweise Fermi-Dirac-Statistik). Die Boltzmann-Statistik bestimmt für ein aus N solcher Teilchen bestehendes, quasi abgeschlossenes und nach außen nur Wärmeenergie mit einem Wärmebad der Temperatur T austauschendes Teilchensystem aus allen möglichen Mikrozuständen die wahrscheinlichste Verteilung dieser Teilchenorte und -impulse und hieraus die thermodynamischen Größen des Teilchensystems. Hierzu denkt man sich den Phasenraum eines Teilchens, den von den Ortskoordinaten und den Impulskomponenten des Teilchens aufgespannten Myraum, in Zellen gleicher Größe aufgeteilt. Die N Teilchen des Systems werden nun nach Zufall auf die Zellen verteilt. Dann gibt es W = N!/(n1! n2! ··· n i! ···) Möglichkeiten, die N Teilchen so auf die Zellen zu verteilen, dass sich der gleiche Satz {ni} von Besetzungszahlen ergibt (ni die Besetzungszahl, d. h. die Zahl der Teilchen in der i-ten Zelle). Man bezeichnet W als die thermodynamische Wahrscheinlichkeit des durch diesen Satz von Besetzungszahlen charakterisierten Mikrozustandes. Die ni müssen dabei die Gleichungen N = ∑ni und E = ∑ni εi als Nebenbedingungen erfüllen (summiert wird über alle Phasenraumzellen), wobei E die mit der gegebenen Temperatur T verträglichen Gesamtenergie des Systems und εi die Energie eines in der i-ten Zelle befindliches Teilchens ist. Durch Stöße der Teilchen untereinander geht das System immer wieder in neue, mit den Nebenbedingungen verträglicher Mikrozustände über. Die Entropie S = k · lnW des Systems (k Boltzmann-Konstante) ist für die wahrscheinlichste Verteilung der Kombination {ni} maximal. Für diese den thermodynamischen Gleichgewichtszustand des Systems festlegende häufigste Verteilung ergeben sich die mittleren Besetzungszahlen
 
Diese Boltzmann-Verteilung, in der Z = Z (β) mit β = 1/kT die Zustandssumme des Systems im Myraum ist, liefert die Wahrscheinlichkeit dafür, im Gleichgewichtszustand ein Teilchen der Energie εi in der i-ten Zelle anzutreffen. Beispiele für Teilchen, die der Boltzmann-Statistik genügen (Boltzmann-Teilchen) sind Moleküle eines verdünnten Gases und Fremdatome in einem Kristallgitter.
 
Die Boltzmann-Statistik liefert das maxwellsche Geschwindigkeitsverteilungsgesetz der Gasmoleküle, den Gleichverteilungssatz der Energie, das rayleigh-jeanssche Strahlungsgesetz und die Dulong-Petit-Regel; dagegen erklärt sie nicht Erscheinungen bei sehr tiefen Temperaturen sowie das abweichende statistische Verhalten der Elektronen (Elektronengastheorie). Diese Mängel überwinden erst die Quantenstatistiken.

Universal-Lexikon. 2012.