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Derrida
Derrida
 
[dɛri'da], Jacques, französischer Sprach- und Kulturphilosoph, * El-Biar (bei Algier) 15. 7. 1930; Vertreter des Strukturalismus; Schüler M. Foucaults, der unter dem Einfluss M. Heideggers und S. Mallarmés der Schrift (»écriture«) die ihr zustehende zentrale Bedeutung zurückgewinnen will, die ihr die »Metaphysik«, d. h. im Sinne Derridas die abendländische philosophische Tradition von Platon bis zu F. de Saussure, vorenthalten hat: Wie dem Sinn das Wort dient, so dem Wort als seinem Abbild die Schrift. Die ständigen Hierarchisierungsprozesse zwischen Form und Inhalt drücken jedoch gleichzeitig auch moralische und politische Abhängigkeitssysteme aus. Für die Essays Derridas ergibt sich daraus ein am Rande traditionellen Philosophierens angesiedeltes interpretatives Verfahren von Offenheit und Uneindeutigkeit, das sich in seinen literaturkritischen Schriften (u. a. »L'écriture et la différence«, 1967; deutsch »Die Schrift und die Differenz«) wie auch in seinen Überlegungen zu den Zusammenhängen zwischen Bild- und Schriftzeichen (»La vérité en peinture«, 1978; deutsch »Die Wahrheit in der Malerei«) ausdrückt. Die internationale Rezeption seiner Werke, z. B. im Zusammenhang mit den Diskussionen über Dekonstruktivismus und Postmoderne, weist ihn als einen der großen Denker der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts aus.
 
Weitere Werke: De la grammatologie (1967; deutsch Grammatologie); Voix et le phénomène (1967; deutsch Die Stimme und das Phänomen. Ein Essay über das Problem des Zeichens in der Philosophie Husserls); La dissémination (1972); Marges de la philosophie (1972; deutsch Randgänge der Philosophie); Glas (1974; deutsch); La carte postale de Socrate à Freud et au-delà (1980; deutsch Die Postkarte von Sokrates bis an Freud und jenseits, 2 Teile); D'un ton apocalyptique adopté naguère en philosophie (1983; deutsch Apokalypse); Parages (1986; deutsch Gestade); Psyché. Inventions de l'autre (1987); Chōra (unselbstständig 1987, selbstständig 1993; deutsch); De l'esprit. Heidegger et la question (1987; deutsch Vom Geist. Heidegger und die Frage); Mémoires d'aveugle (1990; deutsch Aufzeichnungen eines Blinden); Force de loi. Le »fondement mystique de l'autorité« (1994; englisch 1990 unter dem Titel Deconstruction and the possibility of justice; deutsch 1991 unter dem Titel Gesetzeskraft. Der »mystische Grund der Autorität«); Politiques de l'amitié (1994; deutsch Politik der Freundschaft); Apories (1996; englisch 1993; deutsch Aporien); Adieu à Emmanuel Lévinas (1997; deutsch Adieu. Nachruf auf Emmanuel Lévinas).
 
Literatur:
 
J. Thomas: J. D., in: Frz. Lit.-Kritik der Gegenwart in Einzeldarstellungen, hg. v. W.-D. Lange (1975);
 D. Thiel: Über die Genese philosoph. Texte. Studien zu J. D. (1990);
 
Ethik der Gabe. Denken nach J. D., hg. v. M. Wetzel u. J.-M. Rabaté (1993);
 H. Kimmerle: J. D. zur Einführung (41997);
 U. Dreisholtkamp: J. D. (1999);
 D. Krauß: Die Politik der Dekonstruktion. Polit. u. eth. Konzepte im Werk von J. D. (2001).

Universal-Lexikon. 2012.