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jenseits
weiterführend; zusätzlich; darüber hinaus; extra; über

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1jen|seits ['je:nzai̮ts̮] <Präp. mit Gen.>:
auf der anderen Seite /Ggs. diesseits/: jenseits des Flusses.
Syn.: am anderen Ufer, drüben.
  2jen|seits ['je:nzai̮ts̮] <Adverb>:
auf der anderen Seite /Ggs. diesseits/: jenseits vom Rhein; jenseits von Australien.

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jen|seits 〈a. [jɛ̣n-] Präp. m. Gen.〉 auf der anderen Seite; Ggs diesseits ● \jenseits des Flusses; \jenseits der deutschen Grenze; das ist \jenseits von Gut und Böse das überschreitet alle Grenzen

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1jen|seits [auch: 'jɛn… ] <Präp. mit Gen.> [mhd. jensīt, jene sīte]:
auf der gegenüberliegenden, anderen Seite:
j. des Ozeans;
Ü er ist schon j. der vierzig (ist schon über vierzig Jahre alt).
2jen|seits [auch: 'jɛn… ] <Adv.> [zu: 1jenseits]:
1. auf der gegenüberliegenden, anderen Seite [gelegen]:
j. vom Rhein, vom Kaukasus.
2. (selten) auf das Jenseits, zum Jenseits hin:
ein j. gerichtetes Denken.

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Jenseits,
 
in der religiösen Vorstellung Bezeichnung für jenen Bereich, der die sichtbare Welt und ihre Erfahrung übersteigt und dem irdischen »Diesseits« meist unvergleichbar und transzendent gegenübersteht. Die Grenze bildet dabei der Tod, sodass Jenseits als »jenseits des Todes« bestimmt wird. Welche Assoziationen damit verbunden werden, hängt ab von der jeweiligen Eschatologie und Erlösungshoffnung. Die Vorstellungen vom Jenseits reichen von Analogien zu den irdischen Verhältnissen bis zu abstrakten Vorstellungen von einem ganz anderen Seinszustand. Das Jenseits ist zunächst der Aufenthaltsort der Geister und Götter oder (in monotheistischen Religionen) des einen Gottes, dann aber auch das Reich der Toten. Sehr frühe Vorstellungen identifizieren das Jenseits mit dem Grab, in dem der Verstorbene sein irdisches Leben fortsetzt. In den Weltreligionen hat sich die Vorstellung von einer dreigeteilten Weltensphäre herausgebildet: die Erde als »Diesseits« sowie »unter« und »über« ihr die Unterwelt (Schattenreich, Hölle) und der »Himmel« (Paradies), Letzterer als Ort vollkommenen Heils. Voraussetzung ist dabei die Annahme, dass die Seelen der Menschen unsterblich sind und im Jenseits erlöst werden können, wobei es den lebenden Menschen möglich ist, durch bestimmte Riten (Gebet, sakrale Handlungen) den Weg der Verstorbenen ins Jenseits zu beeinflussen.
 
Die Unterwelt als (häufig nur vorübergehender) Aufenthaltsort der Toten untersteht meist der Herrschaft eines speziellen Totengottes. Im Allgemeinen stellt sie eine wesentliche Verschlechterung gegenüber irdischen Lebensbedingungen dar. Dies gilt für das griechische Schattenreich des Hades, den römischen Orkus, die frühe hebräische Unterwelt Scheol, das germanische Totenreich Hel. Am düstersten sind wohl die Vorstellungen, die sich mit der sumerischen beziehungsweise babylonisch-assyrische Unterwelt verbanden; sie galt als das hoffnungslose »Land ohne Rückkehr«. - Der Eintritt der Toten in die Unterwelt ist nicht unbedingt mit der Erwartung einer leidvollen und schreckensreichen Form des Fortlebens verbunden. Häufig wird erst durch ein Gericht Gottes endgültig über ihr Geschick im Jenseits entschieden. Typisch hierfür sind die Anschauungen, die sich im alten Ägypten durchsetzten und sich mit dem Gott Osiris verbanden. - Die Sonderung der Toten hinsichtlich ihres Jenseitsgeschicks ist oft mit dem Glauben an verschiedene Jenseitsreiche verbunden. Der Eintritt in diese Reiche kann einerseits von dem Gedanken an die endzeitliche Vergeltung der irdischen Taten geprägt sein, entscheidet sich andererseits nicht immer nach ethischen Kriterien. Bestimmend hierfür kann vielmehr auch die Todesart sein. Die aztekische Religion kannte drei Jenseitsreiche. In das paradiesische »Reich der Sonne am Himmel« gelangten die gefallenen Krieger, die sakral Getöteten und die im Kindbett gestorbenen Frauen. Diejenigen, die nach aztekischer Anschauung im Zusammenhang mit Wasser umkamen (z. B. Ertrinken), kamen in das auf wolkenverhangenen Bergen lokalisierte Reich des Regengottes Tlaloc. Alle übrigen Verstorbenen erwartete das schreckensvolle Unterweltsreich Mictlan. - Die Vorstellung mehrerer Jenseitsbereiche beherrschte auch die germanische Religion, die neben Hel auch Walhall, den Aufenthaltsort gefallener Krieger, kannte. Die Griechen nahmen an, dass nicht alle Sterblichen in den Hades kämen; vielmehr war den aus dem irdischen Leben auf wunderbare Weise Entrückten das Elysium vorbehalten, das als glückliche Insel unter heiterem Himmel galt. - Die Anschauung von einer »Insel der Seligen«, einem »leuchtenden Land« (Tir sorcha), ist auch für die keltische Religion typisch. - Von den Weltreligionen hat allein der Buddhismus keine fest umrissenen Jenseitsvorstellungen ausgebildet, da Buddha selbst alle Fragen danach strikt abwies. Nur der Amida-Buddhismus in seiner japanischen Ausformung kennt ein Jenseits, das im Westen gedachte »Glücksland« Sukkavati. Die Paradies- und Höllenvorstellungen des späteren Judentums, des Islam und des Christentums sind vom Parsismus beeinflusst. Obwohl die Verkündigung des Propheten Mohammed anfänglich völlig unter dem Gedanken an Gericht und Vergeltung im Jenseits stand, gilt das Paradies im Islam als herrlicher, kühler Garten.
 
Im Alten Testament finden sich unterschiedliche Jenseitsvorstellungen. Während ältere Texte von einem für alle gleichermaßen trostlosen Dasein im Totenreich (Scheol) ausgehen, wird v. a. unter hellenistischem Einfluss und im Zusammenhang mit der Entwicklung des Auferstehungsglaubens immer deutlicher zwischen dem Schicksal der »Guten« und der »Bösen« differenziert (Weisheit Salomos 3, 1-12), bis hin zur Vorstellung eines »Paradieses«, in dem die Seelen der Gerechten bis zur Auferstehung getröstet werden, während die Sünder im Totenreich bleiben. Im Neuen Testament leben diese Vorstellungen fort und werden christologisch interpretiert: Durch ihre Verbundenheit mit Jesus Christus, der sich nach seiner Auferstehung »zur Rechten Gottes setzte«, haben auch die Gläubigen »ein Haus im Himmel« (2. Korintherbrief 5, 1; Matthäus 5, 12; Evangelium des Lukas 6, 23), während der Aufenthaltsort der Sünder die »Hölle« oder »Gehenna« ist; über das endgültige Schicksal von Guten und Bösen entscheidet das Gericht Gottes. Die Vorstellungen des Mittelalters fanden in der Dichtung von Dante Alighieri (»Divina Commedia«) ihren gültigsten Ausdruck.
 
Literatur:
 
F. Heiler: Unsterblichkeitsglaube und Jenseitshoffnung in der Gesch. der Religionen (1950);
 
Tod, Hoffnung, J., hg. v. F. Dexinger (Wien 1983);
 
Tod u. J. im Altertum, hg. v. G. Binder u. B. Effe (1991);
 
Tod u. J. im Glauben der Völker, hg. v. H.-J. Klimkeit (31993);
 H.-J. Braun: Das J. Die Vorstellungen der Menschheit über das Leben nach dem Tod (1996);
 
Das Leben nach dem Tod in den Weltreligionen, hg. v. H. Coward (a. d. Engl., 1998).
 
Weitere Literatur: Eschatologie.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Totenkult und Jenseitsvorstellungen im alten Ägypten
 

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Jen|seits [auch: 'jɛn...], das; -: in der religiösen Vorstellung existierender transzendenter Bereich jenseits der sichtbaren diesseitigen Welt, in den die Verstorbenen eingehen: Der Glaube, den Sie ... verdächtigen, dass er nur mit einem ungewissen J. zu tun habe (Sommerauer, Sonntag 77); *jmdn. ins J. befördern (salopp; jmdn. ohne Skrupel umbringen).

Universal-Lexikon. 2012.