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Politik
Po|li|tik [poli'ti:k], die; -:
1. alle Maßnahmen, die sich auf die Führung einer Gemeinschaft, eines Staates beziehen:
die innere, äußere Politik eines Staates, einer Regierung; eine Politik der Entspannung treiben.
Zus.: Außenpolitik, Bevölkerungspolitik, Entspannungspolitik, Innenpolitik, Kommunalpolitik, Kulturpolitik, Ostpolitik, Parteipolitik, Westpolitik, Wirtschaftspolitik.
2. Methode, Art und Weise, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen:
es ist seine Politik, sich alle Möglichkeiten offenzulassen und lange zu verhandeln.
Syn.: Strategie, Taktik, Verfahren.
Zus.: Personalpolitik, Preispolitik.

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Po|li|tik 〈f. 20; Pl. selten〉
1. alle Maßnahmen zur Führung eines Staates hinsichtlich seiner inneren Verwaltung (Innen\Politik) u. seines Verhältnisses zu anderen Staaten (Außen\Politik); Sy Staatskunst
2. 〈fig.〉 berechnendes Verhalten
● eine (ganz bestimmte) \Politik treiben, verfolgen; äußere, innere, erfolgreiche, friedliche, geschickte, kluge, kriegerische \Politik; die deutsche, englische, französische \Politik; sich (nicht) für \Politik interessieren; sich mit \Politik beschäftigen [<frz. politique <grch. politike (techne) „Kunst der Staatsverwaltung“; zu grch. polites „Stadtbürger, Staatsbürger“; zu grch. polis „Stadt, Bürgerschaft, Staat“]

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Po|li|tik [auch, österr. nur: …'tɪk ], die; -, -en <Pl. selten> [frz. politique < spätlat. politice < griech. polītike̅̓ (téchnē) = Kunst der Staatsverwaltung, zu: politikós, politisch]:
1. auf die Durchsetzung bestimmter Ziele bes. im staatlichen Bereich u. auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o. Ä.:
die auswärtige P.;
eine erfolgreiche P.;
die amerikanische P.;
die P. des Kremls, der Bundesregierung;
eine P. der Entspannung, des europäischen Gleichgewichts;
sich für P. interessieren;
in die P. gehen (im politischen Bereich tätig werden);
sich aus der P. (dem politischen Bereich) zurückziehen;
R P. ist ein schmutziges Geschäft;
die P. verdirbt den Charakter.
2. taktierendes Verhalten, zielgerichtetes Vorgehen:
es ist seine P., nach allen Seiten gute Beziehungen zu unterhalten.

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Politik
 
[französisch politique, von griechisch politike̅́ (téchnē) »Kunst der Staatsverwaltung«] die, -/-en (Plural selten), vielschichtiger Begriff, umfasst allgemein die Gesamtheit der Verfahren und Handlungen von Einzelnen, Institutionen und Organisationen, die öffentlichen Belange durch Entscheidungen regeln. In der Politikwissenschaft wird - in inhaltlicher Anlehnung an die Dreifachgliederung des Politikbegriffs im Englischen - zwischen Form (englisch »polity«), Prozess (englisch »politics«) und Inhalt (englisch »policy«) von Politik unterschieden. Auf dieser Grundlage wird Politik definiert als die Gesamtheit der die öffentlichen Belange betreffenden institutionellen, prozessualen und entscheidungsinhaltlichen Dimensionen des »Strebens nach Macht oder nach Beeinflussung der Machtverteilung« (M. Weber), der Herrschaftsordung und der auf verbindliche Regelung gesellschaftlicher Konflikte um begehrte Güter gerichteten Bestrebungen.
 
 Definitionsansätze
 
Sowohl im Alltagsverständnis als auch in der Politikwissenschaft finden wert- oder zweckrationale Politikbegriffe Verwendung. Im wertrationalen Verständnis, das sich an Denkansätzen des Aristoteles orientiert, wird die Vermehrung von Wissen über das, was ist, unmittelbar mit dem verknüpft, was sein soll, besonders mit Anweisungen zum Handeln v. a. für die Regierenden. Je nach handlungsleitender Norm geht es dabei um die Herbeiführung einer »guten« politischen Ordnung, Wahrung des Gemeinwohls, Sicherung des Friedens und andere übergeordnete Ziele zur Sicherung eines geordneten Zusammenlebens der Bürger eines Staates. Im Unterschied dazu stellt das Politikverständnis der Neuzeit, besonders in der auf N. Machiavelli zurückführenden Lehre der »klugen« Ausübung von Herrschaft und der »schlauen« Planung der Mittel zum Zweck des Machterwerbs und Machterhalts, auf ein nicht notwendigerweise am Gemeinwohl orientiertes Zweck-Mittel-Erfolg-Denken ab. In einer dritten Perspektive gilt Politik als Vorgang der gesellschaftlichen Veränderung und als diejenige Art von Tätigkeit, die diesen Vorgang auslöst, fördert und antreibt (D. Sternberger). Dieses Politikverständnis wurzelt in politischen Ideologien und - im Extremfall - in Heilslehren »vom Ende des alten Bestehenden und vom Aufgang des neuen Zukünftigen« (Sternberger). In der neueren Politikwissenschaft tritt ein problembezogenes Politikverständnis hinzu: Ihm gilt Politik als Handeln, das auf die Bewältigung fundamentaler Ordnungs- und Koordinationsprobleme innerhalb oder zwischen komplexen Gesellschaftssystemen zielt: bei nicht vorauszusetzendem Konsens (so besonders die neuere politikwissenschaftliche Staats- und Verbändetheorie), bei Konflikten zwischen einer Vielzahl von Interessen (so besonders die Theorien zum Pluralismus), bei der Spaltung der Gesellschaft in antagonistische (das heißt nicht überbrückbare) Klassengegensätze (so besonders die marxistische Kapitalismusanalyse) und bei Freund-Feind-Differenzierungen (so der Begriff des Politischen bei C. Schmitt).
 
 Kulturelle Aspekte
 
Das Verständnis von Politik variiert von Kultur zu Kultur. Im antiken Griechenland bezog sich der Politikbegriff auf einen eng begrenzten Bereich öffentlicher Angelegenheiten, und zwar auf den der freien, waffenfähigen Bürger der Polis. Mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung, sozialer Differenzierung, politischer Mobilisierung und staatlicher Daseinsvorsorge wurde in der Neuzeit der öffentliche Bereich in sachlicher und sozialer Hinsicht viel breiter definiert. In den modernen Industrieländern umfasst der Begriff des Politischen nunmehr die politische Ordnung im engeren Sinn sowie deren mannigfaltige Verflechtungen mit der Gesellschaft und der Ökonomie. Kulturspezifisch sind auch die Inhalte des Politikbegriffs: In Deutschland dominiert ein Verständnis von Politik, das vorrangig auf den Staat, auf Sachrationalität und systematische Produktion, auf Allokation (Zuweisung) und Verteilung von öffentlichen Gütern bezogen ist. In der angloamerikanischen Tradition hingegen ist ein Politikverständnis verbreitet, das die »soziale Rationalität« stärker betont und Politik besonders prozessual als Feld von Macht- und Interessenkämpfen individueller und kollektiver Akteure begreift. Kulturhistorisch gesehen veränderte sich auch die Rechtfertigung politischen Handelns und politischer Herrschaft. Bis zur Schwelle des Zeitalters der Aufklärung stand die theologische Legitimierung politischen Handelns im Vordergrund (z. B. in der Lehre vom Gottesgnadentum). Mit den neuzeitlichen Vertragstheorien und Lehren von der Volkssouveränität setzten sich allmählich rationale, weltimmanente Begründungen durch. Besonders in den modernen Verfassungsstaaten findet Politik ihre Legitimation - über inhaltliche Begründungen hinaus - auch im Prozessualen, das heißt in ihrer Bindung an demokratische Organisationsstrukturen und Spielregeln.
 
 Institutionelle Formen
 
Nach institutioneller Form und Art des politisches Prozesses, dem Inhalt politischer Entscheidungen und der Reichweite des Politischen lassen sich Gesellschaftssysteme und damit auch politische Systeme voneinander unterscheiden. Schon Aristoteles unterschied nach der Zahl der Machtträger und der Qualität der Herrschaftspraxis, das heißt der Politik: im positiven Sinne zwischen Monarchie, Aristokratie und Demokratie, im negativen Sinne zwischen Tyrannis, Oligarchie und Ochlokratie. Seinen Schülern und dann v. a. Polybios erschien die »gemischte Verfassung«, die monarchische, aristokratische und demokratische Elemente miteinander verbindet, als die beste. Moderne Typologien politischer Systeme basieren demgegenüber besonders auf dem Ausmaß politischer Beteiligung der Bürger, Chancen für die Opposition, Modus der Wahl und Abwahl von Regierenden, Art der Ausübung von Staatsmacht sowie Stärke der Gegengewichte und institutionellen Kontrollen der staatlichen Gewalt. Hierin wurzeln z. B. die Unterscheidungen zwischen autokratischen und konstitutionellen Regierungssystemen oder zwischentotalitären, autoritären und demokratischen politischen Systemen. In Weiterführung soziologischer, kulturanthropologischer und systemtheoretischer Analysen entwickelten Politikwissenschaftler in strukturfunktionalen Untersuchungen neue komplexe Typologien; es wurden z. B. politische Systeme nach dem Grad struktureller Differenzierung, kultureller Säkularisierung und der Autonomie von Subsystemen klassifiziert und in drei Oberklassen unterschieden: primitive, traditionale und moderne Systeme. Weiterentwicklungen der Typologie setzten besonders bei der Unterscheidung zwischen ökonomisch entwickelten und vorindustriellen Staaten, zwischen autoritärer und demokratischer Mobilisierung an.
 
Die Reichweite des Politischen in sachlicher (nach Zahl und Wichtigkeit von Regelungsbereichen) und gesellschaftlicher Hinsicht (nach Bevölkerungsanteilen gerechnet) hängt zum Teil mit dem Niveau wirtschaftlicher Entwicklung, aber mehr noch mit der Beschaffenheit politischer Ordnungen zusammen. Eine agrarisch geprägte Gesellschaft mit dezentralisierter politischer Struktur und schwachem Staat ist durch ein niedriges, eine entwickelte Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft mit ausgebautem Wohlfahrtsstaat hingegen durch ein relativ hohes Politisierungsniveau charakterisiert. Das Höchstmaß der Durchdringung von Gesellschaft und Wirtschaft durch Politik und das geringste Ausmaß an individueller Freiheit und Privatheit kennzeichnen totalitäre Systeme (Totalitarismus).
 
Literatur:
 
K. Rohe: P.: Begriffe u. Wirklichkeiten (1978);
 D. Sternberger: Drei Wurzeln der P. (Neuausg. 1984);
 
Pipers Hb. der polit. Ideen, hg. v. I. Fetscher u. a., 5 Bde. (1985-93);
 A. J. Heidenheimer: Politics, policy and police as concepts in English and continental languages, in: Review of politics, Jg. 48 (Notre Dame, Ind., 1986);
 Hans Maier: Der Begriff der P., in: Ztschr. für P., Jg. 34 (1987);
 
Comparative politics today, hg. v. G. A. Almond u. a. (Glenview, Ill., 41988);
 
Lex. der P., hg. v. D. Nohlen, 7 Bde. (1992-98);
 Manfred G. Schmidt: Wb. zur P. (1995);
 V. Sellin: P., in: Geschichtl. Grundbegriffe, hg. v. O. Brunner u. a., Bd. 4 (21997);
 K. von Beyme: Die polit. Theorien der Gegenwart (82000);
 
P.-Lex., hg. v. E. Holtmann (32000);
 
Kleines Lex. der P., hg. v. D. Nohlen (Neuausg. 2001);
 
Moderne P. P.-Verständnisse im 20. Jh., hg. v. H. J. Lietzmann (2001);
 
Theorien internationaler P., bearb. v. U. Lehmkuhl (32001).
 

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Po|li|tik [auch: ...'tɪk], die; -, -en <Pl. selten> [frz. politique < spätlat. politice < griech. polītike̅́ (téchnē) = Kunst der Staatsverwaltung, zu: politikós, ↑politisch]: 1. auf die Durchsetzung bestimmter Ziele bes. im staatlichen Bereich u. auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o. Ä.: die innere, auswärtige, internationale, praktische P.; eine geschickte, erfolgreiche, verhängnisvolle, friedliche P.; die französische, amerikanische P.; die P. des Kremls, der Bundesregierung; eine P. der Stärke, Entspannung, des europäischen Gleichgewichts; eine P. der kleinen Schritte (eine Politik, die nur schrittweise etw. erreicht), auf weite Sicht; Das zentrale Problem der Bundesregierung ist gar nicht mal mehr falsche P. im Einzelfall, nicht einmal die Addition falscher -en , sondern die Psychologie (Woche 21. 3. 97, 6); eine gemeinsame P. betreiben; eine neue P. verfolgen; Europa braucht dringend eine Harmonisierung der nationalen -en (Woche 9. 1. 98, 5); sich aus der P. (dem politischen Bereich) zurückziehen; sich für P. interessieren; in die P. gehen (im politischen Bereich tätig werden); Christine meint, er müsste jetzt in die P. (ugs.; im politischen Bereich tätig werden; Bieler, Mädchenkrieg 483); Von den übrigen unterschieden sie sich vor allem durch das Unvermögen, ihre Einsichten in P. umzusetzen (Fest, Im Gegenlicht 359); R P. ist ein schmutziges Geschäft; die P. verdirbt den Charakter. 2. taktierendes Verhalten, zielgerichtetes Vorgehen: es ist seine P., nach allen Seiten gute Beziehungen zu unterhalten; das ist bei ihr doch alles nur P.!; Welche P. betreibt meine Mutter mit diesem Brief? (Innerhofer, Schattseite 124); Damals haben wir beschlossen, wir machen unsere eigene P. und unsere eigenen Preise (Hamburger Rundschau 15. 3. 84, 11); *P. der Nadelstiche (Vorgehensweise, bei der mit oft kleineren, aber wirksamen, zermürbenden Aktionen etw. durchgesetzt werden soll): Mit einer systematischen P. der Nadelstiche versuchen sie das Bankgeheimnis zu durchlöchern. Sie filzen beispielsweise seit Wochen Geschäftsunterlagen der Dresdner Bank ... in der Hoffnung Steuersündern auf die Spur zu kommen (Focus 13, 1994, 200).

Universal-Lexikon. 2012.