Gleiwitz,
polnisch Gliwịce [-tsɛ], Stadtkreis und Kreisstadt in der Woiwodschaft Schlesien, Polen, 220 m über dem Meeresspiegel, am Westrand des Oberschlesischen Industriegebietes, 212 800 Einwohner; TH »Schlesien«, industrielle Forschungsinstitute; Stadtmuseum, Palmenhaus (1 400 m2); Steinkohlenbergbau; eines der ältesten Schwerindustriezentren Europas mit Kokerei, Betrieben der Kohlechemie, zwei Eisenhütten, Walzwerken, Eisenbahnwerkstätten und Maschinenbau, Automobilwerk; größter Binnenhafen Polens am Gleiwitzkanal (früher Klodnitzkanal, 1935-45 Adolf-Hitler-Kanal), der zur Oder bei Cosel führt (41,2 km lang, 1933-39 ausgebaut).
Planmäßige Stadtanlage mit Zentralmarkt. Die Altstadt, im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, ist zum Teil wiederhergestellt. Gotische Pfarrkirche Allerheiligen (15./16. Jahrhundert, umgebaut 1930-33) mit barocker Innenausstattung, Kirche Sankt Bartholomäus (gotisch, Turm und Schiff nach 1626). Franziskanerkloster und -kirche (1655 bis 1675, umgebaut 1677, erweitert 1924-26), Barockpalais Cetricz (Ende 17. Jahrhundert).
Gleiwitz wurde vor 1276 als deutsche Stadt neben der slawischen Siedlung Alt-Gleiwitz gegründet. 1281-1345 gehörte es zum Herzogtum Cosel-Beuthen, 1289 kam es unter böhmischer Lehnshoheit, 1492 an das Herzogtum Oppeln, 1742 an Preußen. Durch den Steinkohlenbergbau und den Aufbau einer breit gegliederten Eisen schaffenden und Eisen verarbeitenden Industrie (1795 erster Kokshochofen auf dem Kontinent) entwickelte sich Gleiwitz zu einer der wichtigsten Industriestädte des östlichen Deutschlands. 1945 kam Gleiwitz unter polnische Verwaltung; seine Zugehörigkeit zu Polen wurde durch den Deutsch-Polnischen Grenzvertrag vom 14. 11. 1990 anerkannt.
Am Abend des 31. 8. 1939 führten SS-Angehörige, die als polnische »Insurgenten« getarnt waren, im Auftrag des Chefs des Sicherheitsdienstes R. Heydrich einen fingierten Überfall auf den Rundfunksender in Gleiwitz durch und ließen als »Beweis« für die angeblich polnische Provokation einen getöteten KZ-Häftling in polnischer Uniform zurück. Diese Aktion diente der nationalsozialistischen Führung zur Rechtfertigung (»polnische Grenzverletzung«) für den deutschen Angriff auf Polen am 1. 9. 1939.
Universal-Lexikon. 2012.