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Joliot-Curie
Joliot-Curie
 
[ʒɔl'joky'ri],
 
 1) Irène, französische Physikerin, * Paris 12. 9. 1897, ✝ ebenda 17. 3. 1956, Tochter von Marie und P. Curie, Ȋ (seit 1926) mit 2); war seit 1918 als Assistentin an dem von ihrer Mutter geleiteten Institut du radium in Paris. 1937 erhielt sie eine Professur an der Sorbonne, 1946-56 leitete sie das Institut du radium. Zusammen mit ihrem Mann wurde sie von C. de Gaulle in die französischen Atomenergiebehörde berufen (1945), aus der sie 1951 wegen ihrer Tätigkeit für die Kommunisten von G. Bidault wieder entlassen wurde. - Frühe Arbeiten betrafen die Alphastrahlung und die Isotopie. Für die mit ihrem Mann durchgeführten Untersuchungen erhielten beide 1935 den Nobelpreis für Chemie.
 
 2) Jean Frédéric, eigentlich J. F. Joliot [ʒɔl'jo], französischer Physiker, * Paris 19. 3. 1900, ✝ ebenda 14. 8. 1958, Ȋ (seit 1926) mit 1); nach einem Ingenieurstudium 1925 Mitarbeiter von Marie Curie am Institut du radium. Ab 1930 arbeitete Joliot-Curie am Institut für Physikalische Chemie bei J.-B. Perrin. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit der Verbesserung der Nebelkammer. Mithilfe seiner leistungsfähigen Geräte gelang es ihm, die Energie von Betastrahlung zu messen. 1932 entdeckte er zusammen mit seiner Frau Irène bei Beschuss von Beryllium mit Alphateilchen eine elektrisch neutrale, in wasserstoffhaltigen Substanzen Protonen auslösende Sekundärstrahlung, die zur Entdeckung des Neutrons durch J. Chadwick führte. 1934 wiesen sie die ersten künstlichen radioaktiven Elemente (es handelte sich um radioaktive Isotope von Phosphor und Stickstoff) nach, wofür ihnen 1935 der Nobelpreis für Chemie zuerkannt wurde. Joliot-Curie, der ein engagierter Sozialist war, begann Mitte der 30er-Jahre im antifaschistischen Kampf Partei zu ergreifen. 1937 wurde er zum Professor am Collège de France ernannt. Nach Bekanntwerden der Kernspaltung 1939 stellte er sofort Experimente hierzu an, wobei er als Erster die Physik dieses Vorgangs vollkommen erkannte und die Möglichkeit von Kernreaktionen voraussagte. Vorbereitungen zum Bau eines Forschungsreaktors (schweres Wasser wurde bereits von Norwegen nach Paris gebracht) mussten wegen der deutschen Okkupation unterbrochen werden. Während der Besatzungszeit stellte Joliot-Curie, der den möglichen militärischen Nutzen seiner kernphysikalischen Arbeiten klar erkannte, alle Forschungen auf diesem Gebiet ein. Er engagierte sich in der Résistance und wurde 1942 Mitglied der illegalen französischen KP. 1945 ernannte ihn C. de Gaulle zum Hochkommissar und Vorsitzender der französischen Atomenergiebehörde. Als solcher förderte Joliot-Curie die Errichtung des ersten französischen Kernreaktors (1948), wurde aber 1950 von G. Bidault wegen seiner politischen Einstellung entlassen. Joliot-Curie, der sich nun wieder verstärkt der Forschung zuwandte, wurde 1956 als Nachfolger seiner verstorbenen Frau Leiter des Institut du radium.
 
Ausgabe: Frédéric Joliot und I. Joliot-Curie: Œuvres scientifiques complètes (1961).
 
Literatur:
 
P. Biquard: Joliot-Curie (Paris 1961);
 E. Cotton: Les Curie (ebd. 1963).

Universal-Lexikon. 2012.