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kluniazensische Reform
kluniazẹnsische Refọrm,
 
cluniazẹnsische Refọrm, von der Benediktinerabtei Cluny im 10. Jahrhundert ausgegangene monastische Reformbewegung. Die Gründung der Abtei (910) war verbunden mit dem Privileg der freien Abtswahl - unabhängig vom Einfluss der weltlichen Herrscher wie auch des Bischofs - und der unmittelbaren Unterstellung unter den Schutz des Papstes (Exemtion). Die damit gegebene Sicherung gegen weltliche und geistliche Übergriffe ließ in Cluny ein weitgehend unabhängiges Klosterleben entstehen. Im Geist der »libertas ecclesiae« (Freiheit der Kirche) wurden unter der Observanz von Cluny neue Klöster gegründet und schon bestehende reformiert. Unter Abt Hugo dem Großen war der »Ordo cluniacensis« mit rd. 200 Abteien, Prioraten und klösterliche Eigenkirchen der größte Klosterverband seiner Zeit. Ziel der Kluniazenser, die großen Einfluss am französischen Königshof und an der päpstlichen Kurie ausübten, war eine grundlegende Reform und geistige Erneuerung des Mönchtums und dadurch mittelbar eine Vervollkommnung und Heiligung der Welt. Das klösterliche Leben wurde nach den kluniazensischen Consuetudines (»Gewohnheiten«) neu geregelt. Wichtige Punkte der kluniazensischen Reform waren die Forderung des Zölibats und die Ablehnung der Simonie; zur liturgischen Erneuerung gehörten die Förderung der Marien- und Kreuzverehrung, die tägliche Feier der Messe und die besondere Ausgestaltung des Totengedächtnisses (Feier von Allerseelen). Zugunsten der religiösen Verinnerlichung wurden die Mönche durch Laienbrüder (Konversen) von Feld- und Handarbeit entlastet. Die einzelnen Klöster wurden von Prioren geleitet, die dem Abt von Cluny unterstellt waren. - Die ursprüngliche geistliche Erneuerungsbewegung war eine der bedeutendsten monastischen Reformbewegungen des Mittelalters und bildete den Ausgangspunkt der von verschiedenen Päpsten unterstützten kirchlichen Reformbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts (gregorianische Reform). Unmittelbaren Einfluss hatte die kluniazensische Reform auf das Kloster Hirsau; die Hirsauer Reform beruhte im Wesentlichen auf den Consuetudines Clunys. Die Auswirkungen der kluniazensischen Reform auf die benediktinischen Frauenklöster sind noch nicht ausreichend untersucht. 18 Konvente unterstanden zwar Cluny, aber keiner erlangte die Bedeutung der Männerklöster. - Seit dem 12. Jahrhundert führten innere Krisen, v. a. die Tendenz zur Dezentralisierung, und wachsende Konflikte mit den Zisterziensern, die monastisch, wirtschaftlich und politisch andere Reformvorstellungen entwickelten, zu einem Bedeutungsverlust der Kluniazenser.
 
Literatur:
 
E. Sackur: Die Cluniazenser in ihrer kirchl. u. allgemeingeschichtl. Wirksamkeit bis zur Mitte des 11. Jh., 2 Bde. (1892-94, Nachdr. 1971);
 
Neue Forsch. über Cluny u. die Cluniazenser, hg. v. G. Tellenbach (1959);
 H. E. Cowdrey: The Cluniacs and the Gregorian reform (Oxford 1970);
 
Cluny. Beitr. zu Gestalt u. Wirkung der cluniazens. Reform, hg. v. H. Richter (1975);
 W. Teske: Laien, Laienmönche u. Laienbrüder in der Abtei Cluny, in: Frühmittelalterl. Studien, Jg. 10 (1976);
 K. Hallinger: Überlieferung u. Steigerung im Mönchtum des 8.-12. Jh., in: Studia Anselmiana, Bd. 68 (Rom 1979);
 
Die Cluniazenser in der Schweiz, hg. v. H.-J. Gilomen (Basel 1991);
 J. Wollasch: Cluny - »Licht der Welt«. Aufstieg u. Niedergang der klösterl. Gemeinschaft (Zürich 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Mönchtum im Abendland: Bete und arbeite
 
Investiturstreit und Kirchenreform: Macht und Glaube
 
Cluny und die »Libertas ecclesiae«
 

Universal-Lexikon. 2012.