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Lautréamont
Lautréamont
 
[lotrea'mɔ̃], Comte de, eigentlich Isidore Lucien Ducasse [dy'kas], französischer Dichter, * Montevideo 4. 4. 1846, ✝ Paris 24. 11. 1870. Einzelheiten über Lautréamonts Leben und die Umstände seines Todes sind weitgehend ungeklärt. Seit 1867 lebte er offenbar in Paris, wo 1868 eine Teilausgabe seines Prosagedichts in sechs Gesängen »Chants de Maldoror« (deutsch »Gesänge des Maldoror«) anonym veröffentlicht wurde (die erste vollständige Ausgabe erschien erst 1874). Das Werk sprengte die bisherigen literarischen Konventionen; Maldoror, eine Inkarnation des Bösen, bricht, von Hass auf Gott und die Schöpfung erfüllt, mit allen traditionellen Bindungen und wird zum Symbol der Revolte schlechthin. Das Universum erscheint als Ausgeburt von Chaos, Horror und Perversion sowie einer entfesselten, halluzinatorischen Fantasie, die auch poetisch durch keine einheitliche stilistische Ausformung zusammengehalten wird. Die Bedeutung des - vielfältig interpretierten - Werkes im Hinblick auf eine Befreiung der poetischen Form (v. a. in der visionären Kraft der Symbolsprache mit ihren unerwarteten Sinnkombinationen aufgrund kühner Bilder und Metaphern) wurde erst von den Surrealisten (A. Breton, L. Aragon, P. Éluard u. a.) erkannt, für die es ein Schlüsseltext war. Auf die Dichtungstheorie des Surrealismus und auf die Lyrik der Moderne übte es einen bedeutenden Einfluss aus.
 
Ausgaben: Œuvres complètes, herausgegeben von P.-O. Walzer (Neuausgabe 1980).
 
Das Geheimnis des unglaublichen Comte de Lautréamont, herausgegeben von R. Bittermann (1982); Werke. Deutsche Übersetzung von Wolfgang Schmidt (1985); Das Gesamtwerk. Nachwort von R. Soupault (1988).
 
Literatur:
 
P. W. Nesselroth: L.'s imagery. A stilistic approach (Genf 1969);
 J. Lefrère: Le visage de L. (Paris 1977);
 M. Pierssens: L., éthique à Maldoror (Lille 1984).

Universal-Lexikon. 2012.