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Nestroy
Nẹstroy
 
[-ɔɪ], Johann Nepomuk, österreichischer Schriftsteller und Schauspieler, * Wien 7. 12. 1801, ✝ Graz 25. 5. 1862; begann als Opernsänger, wirkte dann auch in Sprechrollen zunächst in Wien (1822), danach Engagements in Amsterdam (1823), Brünn (1825) und Graz (1827). 1831 ließ sich Nestroy in Wien nieder, wo er einen Vertrag mit K. Carl (Theater an der Wien) als Schauspieler und Bühnenautor schloss. Ab 1839 spielte Nestroy unter Carl auch am Leopoldstädter Theater, dem späteren (ab 1847) Carl-Theater, dessen Leitung er 1854-60 innehatte. Nach F. Raimund gilt Nestroy als bedeutendster und zugleich letzter Vertreter der Altwiener Volkskomödie. Er markiert den Übergang vom Volksstück der Vorstadtbühnen, von den Feenmärchen und raimundschen Fantasiekomödien zum sozialen Tendenzstück L. Anzengrubers. Seine gesellschaftskritischen Possen und Lokalstücke spielen im nüchternen Alltag des vormärzlich-biedermeierlichen Wien. Scharfer Witz, Spott, skeptische Gebrochenheit und beißende Satire sind verbunden mit urwüchsiger Komik und Humor, auch zum Teil mit absurden Zügen. Besonders mit seinen brillanten Wortspielen machte Nestroy die Sprache selbst wieder zum Gegenstand der Dichtung. Hierzu gehörte auch der bewusste Einsatz von Klassikerzitaten, die einerseits als Versatzstücke - verfremdet - Eingang in Nestroys Stücke fanden, andererseits aber auch klassisches Bildungsgut auf die Vorstadtbühnen brachten. Nestroy hinterließ über 80 Stücke in Mundart und Hochsprache, viele mit Gesangseinlagen. Nachhaltige Wirkung ging von Nestroys Schriften auf Mundartdichtung und Volksstück, v. a. aber auch auf Schriftsteller wie K. Kraus (»Nestroy und die Nachwelt«, 1912), F. Wedekind, Ö. von Horváth, B. Brecht und F. Dürrenmatt aus.
 
Werke (Auswahl): Der böse Geist Lumpacivagabundus,. .. (1835); Die beiden Nachtwandler (1836); Das Haus der Temperamente (1837); Zu ebener Erde und erster Stock. .. (1838); Eulenspiegel (1841); Die verhängnißvolle Faschingsnacht (1841); Liebesgeschichten und Heiratssachen (1843); Der Talisman (1843); Einen Jux will er sich machen (1844); Das Mädl aus der Vorstadt,. .. (1845); Der Zerrissene (1845); Freiheit in Krähwinkel (1849); Der Unbedeutende (1849); Der alte Mann mit der jungen Frau (entstanden 1849, gedruckt 1890); Kampl. .. (1852); Nur keck (entstanden 1855, herausgegeben 1923).
 
Ausgaben: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von F. Brukner und anderen, 15 Bände (1924-30, Nachdruck 1973); Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, herausgegeben von J. Hein und anderen, auf zahlreiche Bände berechnet (1977 ff.).
 
Literatur:
 
G. Conrad: J. N. N. 1801-1862. Bibliogr. zur N.-Forschung u. -rezeption (1980);
 H. Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig' ich mich nicht. J. N., sein Leben (1982);
 
N. Bilder aus einem Theaterleben, hg. v. G. Riedl (Wien 1988);
 J. Hein: J. N. (1990);
 P. Cersowsky: J. N. oder nix als philosoph. Mussenzen. Eine Einf. (1992).
 

Universal-Lexikon. 2012.