Prager Kreis,
lockere und in ihrer Zusammensetzung ständig wechselnde Gruppe deutschjüd. Schriftsteller in Prag in den Jahren etwa zwischen 1910 und 1938; zu unterscheiden ist zwischen dem »engeren Prager Kreis« um M. Brod, dem F. Kafka, Felix Weltsch (* 1884, ✝ 1964), Oskar Baum (* 1883, ✝ 1940) und Ludwig Winder angehörten, und einem »weiteren Prager Kreis«, zu dem F. Werfel, W. Haas, P. Leppin, E. Sommer, E. Weiss, P. Kornfeld, E. E. Kisch, J. Urzidil u. a. zählten. Gemeinsames Merkmal der sehr inhomogenen Autorengruppe war die Verbundenheit mit Prag und die Offenheit gegenüber der tschechischen Kultur. Das Erlebnis der antisemitischen Ausschreitungen von 1897 und 1918, aber auch die Möglichkeit, der deutsch-tschechischen Polarität durch die Option für die jüdische Identität zu entgehen, förderten die Renaissance eines jüdischen Selbstbewusstseins und machten bei den Autoren des Prager Kreises auch die Idee des Zionismus populär. Schließlich weisen auch die Werke der Autoren des Prager Kreises - trotz unterschiedlicher Stilrichtungen - gemeinsame Züge auf, nämlich einen dominanten ethisch-ideologischen Grundton, das Streben nach einem »absoluten Realismus«, der Göttliches, Humanes und Soziales umfasst (Brod), sowie ein immanentes Schuldgefühl, das die Protagonisten der Werke als ewige Sucher der Gerechtigkeit erscheinen lässt.
M. Brod: Der P. K. (21984);
J. Serke: Böhm. Dörfer. Wanderungen durch eine verlassene literar. Landschaft (Wien 1987).
Universal-Lexikon. 2012.