Verbände,
Medizin: dem jeweiligen Zweck entsprechend in Material und Form unterschiedlich gestaltete Auflagen oder Umhüllungen von Körperteilen; Verbände dienen v. a. dem Schutz von Wunden bei der Versorgung von Verletzungen oder operativen Eingriffen und/oder der Ruhigstellung (Fixierung) verletzter Körperteile. Als Verbandsmaterialien werden v. a. Mull, Watte und Zellstoff sowie Metallfolien und zum Teil Kunststoffe verwendet, bei geringfügigen Verletzungen oder zur Befestigung von Mull-, Stütz- und Zugverbänden in Form des Heftpflasters, eines mit einer Klebeschicht überzogenen Gewebes oder einer Wasser abweisenden Folie. Spezielle Verbände sind der Sprühverband, der nach dem Aufbringen zu einem elastischen Film erstarrt, und der zum Schutz offener Wunden geeignete Schaumverband aus Silikonkautschuk. Eine traditionelle Form ist die in unterschiedlichen Breiten (4-15 cm) hergestellte Binde.
Das Anlegen der Bindenverbände folgt den in der Verbandlehre festgelegten Richtlinien. Bei gleichmäßiger Form des zu verbindenden Körperteils (z. B. Bauch) genügt der einfache Kreisgang; aus ihm entsteht der Spiralgang, wenn der folgende Bindengang nur einen Teil des vorhergehenden bedeckt. Bei kegelförmiger Gestalt des Körperteils (Oberschenkel, Unterarm) wird die Binde umgeschlagen, indem der linke Daumen den letzten Bindengang an seinem oberen Ende festhält, der Bindenkopf aber um 180º gedreht wird (Umschlaggang). An Gelenken verwendet man den Achtergang, bei dem sich die Bindengänge über dem Gelenk kreuzen; er wird zum Kornährenverband, wenn die Kreuzungsstelle in die Länge gezogen wird und sich die Bindengänge im Spiralgang teilweise bedecken (Hand-, Schulter- und Hüftverband). Für Nase, Kinn und Ohr dient der Schleuderverband: Die Enden einer Binde werden so weit eingeschnitten, dass ein Mittelstück, das auf die Wunde gelegt wird, und vier Bindenzügel, die um Stirn und Hals geschlungen werden, entstehen. Als Kopfverband verwendet man den in speziellen, der Schädelform angepassten Bindengängen angefertigten Mützenverband (Capitium) oder den Halfterverband (Capistrum) in Form von um Schädel und Unterkiefer verlaufenden Bindengängen. Elastische Binden dienen der Kompressionsbehandlung bei Krampfadern und Beingeschwüren und zur Thromboseprophylaxe, wenn Stützstrümpfe nicht ausreichen.
Anstelle des Bindenverbands wird inzwischen oft der Schlauchverband (z. B. als Stülpverband für Finger und Zehen) angewendet, dem allerdings die Stützfunktion fehlt. Ein Bindenverband ist auch der Gipsverband zur Ruhigstellung nach Knochenbrüchen, Verrenkungen, bei chronischen Entzündungsprozessen oder zur Korrektur von Deformitäten am Skelettsystem. Ein besonderes Verfahren zur achsengerechten Korrektur von Knochenbrüchen stellt der Zugverband dar. Sonderverbände zur Versorgung spezieller Verletzungen sind u. a. Dachziegelverband, Desault-Verband und Rucksackverband. Notverbände werden zur Sofortversorgung bei der ersten Hilfe unter Verwendung von Verbandpäckchen mit keimfrei hergestelltem Verbandstoff angelegt, z. B. in Form des Druckverbandes zur Blutstillung oder der Ruhigstellung von Gliedmaßen durch Dreiecktücher.
M. Plehn: Verbandstoff-Gesch. Die Anfänge eines neuen Industriezweiges (1990);
Universal-Lexikon. 2012.