islamische Mystik
* * *
Su|fịs|mus 〈m.; -; unz.〉 asketisch-myst. Richtung des Islams, die nach größtmöglicher Gottesnähe strebt [→ Sufi]
* * *
Su|fịs|mus, der; -:
eine asketisch-mystische Richtung im Islam.
* * *
Sufịsmus
[neulateinisch, nach den Sufis] der, -, eine asketisch-mystische Frömmigkeit praktizierende Richtung des Islam.en Der Sufismus ist erstmals Mitte des 8. Jahrhunderts bezeugt. Seine Anhänger (die Sufis) erstreben über die Praktizierung des Islam als »äußere« Gesetzesreligion hinaus dessen persönliche »Verinnerlichung«. Dabei versteht der Sufi sein Leben als Weg, alles zu überwinden, was ihn von Gott trennt und praktiziert eine Frömmigkeit der reinen Gottesliebe, die ihre Grundlage in dem absoluten Vertrauen zu Gott (»tawakkul«) hat. Sein Ziel erreicht der Sufi im Augenblick der Ekstase (»ghaiba«) oder der mystischen Entwerdung (»fana«).
Bereits in seinen Anfängen war der Sufismus eine vielgestaltige Bewegung, die von der schlichten Frömmigkeit el-Djunaids (✝ 910), der subtilen Ethik al-Muhasibis (✝ 857), der ekstatischen Mystik al-Halladjs bis zu verschiedenen Formen der Askese reichte. Weil der Sufismus wenig Wert auf Werkfrömmigkeit und Erfüllung der religiösen Gesetzespflichten legte und weil sich einige seiner Vertreter weit von den Prinzipien des Islam entfernten, standen ihm die Theologen und Rechtsgelehrten der islamischen Orthodoxie zunächst ablehnend gegenüber. Im 10./11. Jahrhundert stellten Systematiker des Sufismus (as-Sarradj, ✝ 988; al-Kuschairi, ✝ 1074) Lehre und Praxis des mystischen Pfads mit seinen Stufen und Augenblicken mystischen Erlebens dar. Ende des 11./Anfang des 12. Jahrhunderts begründete al-Ghasali die innere Vereinbarkeit von Sufismus und islamischer Orthodoxie. In der Folge breitete sich der Sufismus im gesamten islamischen Raum aus und prägt seitdem v. a. den so genannten »Volksislam«, wobei er zahlreiche Elemente aus dem Volksglauben integriert hat. Seither werden hervorragende Sufis als wundertätige Heilige verehrt; ihre Grabstätten wurden zu Wallfahrtsorten. Auch die Dichtung griff Themen des Sufismus auf. Im Hauptwerk Djalal od-Din Rumis fand das sufistische Gedankengut seinen vollendetsten Ausdruck; Ibn al-Arabi baute dieses zu einem theosophischen System aus, das in der Folgezeit die weltanschauliche Grundlage des Sufismus blieb. Vom 12. Jahrhundert an bildeten sich aus den Schülerkreisen der bedeutenden Sufimeister ordenartige Vereinigungen (»tariqa«), die späteren Derwischorden. Ihr sozialer und politischer Einfluss war bis ins 19. Jahrhundert im gesamten islamischen Raum beträchtlich. Heute prägen sufistische Bruderschaften im starken Maße den Islam in Afrika. Hinsichtlich seiner Bedeutung im neuzeitlichen Islam wird der Sufismus einerseits als Exponent einer vergangenen Epoche abgelehnt, andererseits wird jedoch auch versucht, sein Erbe für die Erneuerung des Islam nutzbar zu machen (z. B. M. Iqbal) beziehungsweise sufistische Werte und Symbole in der Kunst zu verarbeiten (z. B. der syrische Lyriker Adunis [Ali Ahmad Said, * 1930]).
W. Stoddart: Das Sufitum. Geistige Lehre u. myst. Weg (a. d. Engl., 1979);
R. S. Bhatnagar: Dimensions of classical Sufi thought (London 1984);
J. Nurbakhsh: Sufi symbolism, 5 Bde. (ebd. 1986-91);
T. Burckhardt: Vom Sufitum. Einf. in die Mystik des Islam (21989);
M. Lings: Was ist Sufitum? (a. d. Engl., 1990);
Shaykh Fadhlalla Haeri: The elements of Sufism (Shaftesbury 1990);
A. Schimmel: Myst. Dimensionen des Islam. Die Gesch. des S. (a. d. Engl., Neuausg. 1995);
Les voies d'Allah. Les ordres mystiques dans l'islam des origines à aujourd'hui, hg. v. A. Popović u. a. (Paris 1996).
* * *
Su|fịs|mus, der; -: Mystik des Islams.
Universal-Lexikon. 2012.