Detailhandel (schweiz.)
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Ein|zel|han|del 〈m.; -s; unz.〉 Warenverkauf direkt an den Verbraucher; Sy Detailhandel; Ggs Großhandel (2)
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Ein|zel|han|del, der:
Bereich des Handels, der [in Ladengeschäften] Endverbrauchern Waren anbietet; Gesamtheit der Einzelhandelsgeschäfte.
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Einzelhandel,
in der Schweiz Detailhandel [de'taj-, französisch], im funktionellen Sinne Beschaffung von Gütern durch Marktteilnehmer, die sie in der Regel nicht selbst be- oder verarbeiten (Handelswaren), von anderen Marktteilnehmern und deren Absatz an private Haushalte. Einzelhandel im institutionellen Sinne umfasst jene Institutionen (Einzelhandelsunternehmen, Einzelhandelsbetrieb oder Einzelhandelshandlung), deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem Einzelhandel im funktionellen Sinne zuzurechnen ist. In der amtlichen Statistik wird ein Unternehmen oder ein Betrieb dann dem Einzelhandel zugeordnet, wenn aus der Einzelhandelstätigkeit eine größere Wertschöpfung resultiert als aus einer zweiten oder aus mehreren sonstigen Tätigkeiten. Der Einzelhandel überbrückt durch seine Tätigkeit die zeitlichen, räumlichen, quantitativen und qualitativen Spannungen zwischen den Lieferanten (z. B. Hersteller, Großhändler) und den Letztverbrauchern. Die Leistung besteht nicht nur in der Übergabe von Sachgütern, sondern kann sich auch auf Dienstleistungen erstrecken. Wichtige Funktionen sind: 1) Raumüberbrückung (Warentransport), 2) Zeitüberbrückung (Lagerhaltung), 3) quantitative Warenumgruppierung (Sammeln, Aufteilen), 4) qualitative Warenumgruppierung (z. B. Sortimentsbildung), 5) Angebots- und Nachfragelenkung (Werbung, Verkauf mit persönlicher Beratung), 6) Angebots- und Nachfrageermittlung (Beschaffungs- und Absatzmarktforschung), 7) Preisermittlung (Kalkulation) und 8) zeitlicher Zahlungsausgleich (Vorfinanzierung, Kreditierung).
Es gibt zahlreiche Betriebsformen (Betriebstypen) im Einzelhandel, die nach einer Reihe von Merkmalen unterschieden werden: 1) nach der Sortimentspolitik (Branche, Sortimentstiefe und -breite); 2) nach dem Standort des Warenangebotes (Ladengeschäft, ambulanter Handel, einschließlich Verkaufswagen, Versandhandel, Automatenverkauf, Sammelbesteller, Teleselling) und der Integration eines Einzelhandelsbetriebes in eine Agglomeration (z. B. Einkaufszentren in Innenstädten, Nachbarschaftsläden in Wohngebieten, Verbrauchermärkte in Stadtrandlagen); 3) nach dem Bedienungsprinzip (Fremdbedienung, Vorwahl, Teilselbstbedienung, Selbstbedienung); 4) nach dem Gebrauchszustand der Waren (Neu-, Altwarenhandel); 5) nach der Betriebsgröße, meist gemessen anhand der Verkaufsfläche (»Tante-Emma-Laden«, Verbrauchermarkt); 6) nach der Art der Preisstellung (diskontierende Preispolitik, Mittel- oder Hochpreisniveau). Zu den herkömmlichen Betriebsformen gehört das Fachgeschäft mit seinem branchenspezifischen oder bedarfsgruppenorientierten Sortiment. Das Spezialgeschäft bietet nur einen Ausschnitt des Sortiments eines Fachgeschäftes, diesen jedoch in sehr großer Tiefe. Warenhäuser und Kaufhäuser sind großflächige Mehrbranchengeschäfte. Beim Versandhandel wird die Ware ausschließlich oder überwiegend auf dem Versandweg abgesetzt. Discounter bieten ein enges, auf raschen Umschlag ausgerichtetes Sortiment zu niedrig kalkulierten Preisen an. Der Fachmarkt bietet ein Sortiment aus einem Waren-, Bedarfs- oder Zielgruppenbereich bei tendenziell niedrigem bis mittlerem Preisniveau an. Das Selbstbedienungswarenhaus (SB-Warenhaus) führt ein umfassendes Sortiment mit einem Schwerpunkt bei Lebensmitteln ganz oder überwiegend in Selbstbedienung und betreibt mit hoher Werbeaktivität eine Dauerniedrig- oder Sonderangebotspreispolitik.
Die Entwicklung des Einzelhandels lässt sich anhand der Umsätze sowie der Anzahl der Beschäftigten und der Arbeitsstätten aufzeigen. So betrug der Gesamtumsatz des Einzelhandels in Deutschland (1993) 946,8 Mrd. DM; 1985 hatte er in den alten Ländern 473,8 Mrd. DM betragen. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ist von (1985; Angaben beziehen sich nur auf das frühere Bundesgebiet) 2,36 Mio. auf (1992; Angaben für Gesamtdeutschland) 3,39 Mio. gestiegen. Die Anzahl der Arbeitsstätten erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 406 795 auf 555 770.
Die seit Einführung der Selbstbedienung Ende der 50er- Jahre zu beobachtende Entwicklung zu größeren Geschäften bei verringerter Zahl von Einzelhandelsunternehmen ist noch nicht abgeschlossen. Besonders stark ist der Konzentrationsprozess im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren. Die zehn größten Unternehmen (v. a. Metro-Gruppe, ALDI-Gruppe, Tengelmann Warenhandelsgesellschaft, Rewe-Gruppe, EDEKA-Handelsgruppe, SPAR-Gruppe) vereinigten (1992) rd. 77 % des gesamten Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel auf sich (v. a. Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser und Discounter); 1990 hatte ihr Umsatzanteil noch rd. 60,6 % betragen. Die Zahl der Arbeitsstätten im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln ist von (1985) 124 857 auf (1993; Angaben für alte und neue Länder) 118 257 gesunken. Neben der Konzentration äußert sich die Dynamik des Einzelhandels auch in der Verschiebung der Marktanteile zwischen den verschiedenen Betriebsformen.
Die Zahlen verdeutlichen insbesondere, welche Marktbedeutung die Fachmärkte innerhalb kürzester Zeit gewinnen konnten. Diese Entwicklung wird u. a. verursacht durch Veränderungen im Verbraucherverhalten (z. B. durch das gestärkte Preisbewusstsein sowie die größere Einkaufsmobilität der Verbraucher), durch Rationalisierungs- und Kostenvorteile größerer Unternehmenseinheiten und durch Größenvorteile bei den Einkaufskonditionen.
Die Rationalisierung im Einzelhandel war bis vor etwa zehn Jahren weitgehend auf den Verkaufsvorgang beschränkt (Selbstbedienung, Vorwahl). Es folgte die Rationalisierung des Bestell-, Abrechnungs- und Lagerwesens sowie der Warenauslieferung. Die Fortschritte in der Mikroelektronik erlauben es, die gesamte Warenwirtschaft computergestützt zu steuern. Warenwirtschaftssysteme erfassen die Ware artikelgenau nach Menge und Wert über alle Stationen hinweg bis zum Verkauf. Erleichterungen für den Einsatz von Warenwirtschaftssystemen sind einheitliche Artikelnummerierungssysteme (z. B. EAN-System, UPC-System) und Datenerfassungsgeräte (Scanning).
Der Wettbewerb zwischen den Einzelhandelsunternehmen findet auf verschiedener Ebenen statt: 1) durch unterschiedlichen Einsatz der absatzpolitischen Instrumente (z. B. Intensität von Werbemaßnahmen); 2) zwischen den unterschiedlichen Betriebsformen (z. B. Fachgeschäft kontra Discounter); 3) zwischen den verschiedenen Handelssystemen (z. B. Filialbetriebe, Franchisesysteme, Verbundgruppen und selbstständige Einzelunternehmen); 4) in räumlicher Hinsicht zwischen den Oberzentren und benachbarten Mittelzentren, ausgelöst durch die Verlagerung von Wohnungen und Arbeitsstätten ins Umland, aber auch zwischen innerstädtischen Betrieben und Betrieben auf der »grünen Wiese«. So besitzt der Einzelhandel in peripheren Randlagen den Vorteil niedrigerer Betriebskosten (insbesondere bei den Gebäude- und Grundstückskosten), aber auch den Nachteil, fast ausschließlich auf Autofahrer als Kunden angewiesen zu sein und das Kaufumfeld nur unwesentlich verbessern zu können.
Rechtliche Regelungen, die Standort und Entwicklung des Einzelhandels beeinflussen, sind u. a. Raumordnungsgesetz, Landesplanungsgesetz, Baunutzungs-VO, Ladenschluss sowie die im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fixierten Regelungen bezüglich Werbe- und Preiswettbewerb.
U. Hansen: Absatz- u. Beschaffungsmarketing des E.s (21990);
K. Barth: Betriebswirtschaftslehre des Handels (21993);
L. Müller-Hagedorn: Handelsmarketing (21993);
B. Tietz: Der Handelsbetrieb (21993);
Marktstruktur u. Wettbewerb im Handel. Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 24 b Abs. 5 Satz 4 GWB (1994).
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Ein|zel|han|del, der: Wirtschaftszweig, der in Ladengeschäften dem Verbraucher Waren anbietet; Gesamtheit der Einzelhandelsgeschäfte.
Universal-Lexikon. 2012.