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Werbung
Werbebanner; Annonce; Reklame; Anzeige; Spot; Werbespot; Werbefilm

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Wer|bung ['vɛrbʊŋ], die; -, -en:
1.
a) <ohne Plural> Gesamtheit aller werbenden (a) Maßnahmen:
aufdringliche, störende Werbung; diese Werbung kommt [nicht] an; die Werbung für unsere Produkte muss verbessert werden.
Syn.: Propaganda, Publicity, Reklame.
Zus.: Fernsehwerbung, Rundfunkwerbung, Zeitungswerbung.
b) Abteilung eines Betriebes o. Ä., die für die Werbung zuständig ist:
sie arbeitet in der Werbung.
2. das Werben (b):
die Werbung neuer Kundenkreise.
Zus.: Abwerbung, Anwerbung.
3. (geh.) das Werben (c); Bemühen, jmds. Gunst, besonders die Liebe einer Frau zu gewinnen:
sie schlug seine Werbung aus; jmds. Werbungen nachgeben.

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Wẹr|bung 〈f. 20
1. das Werben, planmäßiges Vorgehen, jmdn. od. bestimmte Personengruppen für sich od. für etwas zu gewinnen
2. Werbeabteilung
● auf dem Gebiet der \Werbung Erfahrung haben; in der \Werbung tätig sein; \Werbung um eine Frau

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Wẹr|bung , die; -, -en [mhd. werbunge]:
1. <o. Pl.>
a) das Werben (1); Gesamtheit werbender Maßnahmen; Reklame, Propaganda:
geschickte, aufdringliche, störende W.;
diese W. kommt [nicht] an;
die W. für ein Produkt [im Fernsehen];
die Firma treibt W., macht gute W. für ihr neues Produkt;
die Schauspielerin macht jetzt W. für ein Waschmittel (ugs.; tritt in Werbespots, -sendungen für ein Waschmittel auf);
eine W. treibende Firma;
b) Werbeabteilung.
2. das Werben (2):
die W. neuer Kunden, Mitglieder.
3. (geh.) das Werben (3) um jmdn.; Bemühen, jmds. Gunst, bes. die Liebe einer Frau zu gewinnen:
die W. um ein Mädchen, eine Frau;
sie schlug seine W. (veraltet; seinen Heiratsantrag) aus, nahm seine W. an.

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Werbung
 
[zu althochdeutsch hwerban »sich drehen«, »sich umtun«, »sich bemühen«], jede Darbietung von Botschaften mit dem Ziel, Einstellungen und Handlungen der Adressaten zum Vorteil des Werbetreibenden zu steuern. Früher wurde Werbung meist in der Bedeutung »um eine Frau werben« oder »zum Militärdienst (an)werben« verstanden und erst im 20. Jahrhundert auch im Sinne von »Kunden werben« gebraucht. »Kunden-W.« beziehungsweise die Kurzform »Werbung« verdrängte den Begriff Reklame. Die von der Privatwirtschaft betriebene Werbung wird im engeren Sinn auch als Wirtschaftswerbung bezeichnet, um sie abzugrenzen von der Werbung der staatlichen Institutionen oder der nichterwerbswirtschaftlich orientierten Organisationen (Parteien, Verbände, Vereine, Kirchen, Wohlfahrtseinrichtungen u. a.). Im Bereich der Politik löste der Begriff Werbung die Bezeichnung Propaganda ab; Werbung für nichterwerbswirtschaftliche Inhalte wird heute häufig als Social Marketing oder Soziomarketing bezeichnet.
 
Die Betriebswirtschaftslehre versteht Werbung im Rahmen des Marketing als ein Instrument der Kommunikationspolitik neben der Verkaufsförderung, den Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) und dem persönlichen Verkauf. Als Bestandteil einer Kombination dieser Instrumente (Kommunikationsmix) hat die Werbung die Aufgabe, die Sach- oder Dienstleistung eines Unternehmens bekannt zu machen, die Einstellung zum betrieblichen Angebot zu beeinflussen, die Beschaffung zu unterstützen und diese Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Werbung hat hier folgende Funktionen: 1) eine Bekanntmachungsfunktion, indem sie auf Produkte, Dienstleistungen oder Ideen hinweist; 2) eine Informationsfunktion, indem sie auf Merkmale wie Produkteigenschaften, -qualitäten, -verwendung, -preise oder auf Tatsachen wie z. B. Bezugsquellen hinweist; 3) eine Suggestionsfunktion, weil Werbung emotionale Kräfte durch Elemente wie Farben, Bilder, Musik freisetzt, die dem Umworbenen den Eindruck vermitteln, mit dem beworbenen Objekt den Zielen seiner Wunsch- und Traumwelt näher zu kommen; 4) eine Imagefunktion, wenn Werbung das Werbeobjekt so präsentiert, dass es sich positiv von Konkurrenzprodukten unterscheidet; 5) eine Erinnerungsfunktion, da sie durch mehrfaches Wiederholen der Werbebotschaft Gedächtniswirkungen und Lernprozesse bezüglich des Werbeobjekts hervorruft.
 
Arten der Wirtschaftswerbung lassen sich unterscheiden nach dem Anlass der Werbung in Beschaffungswerbung (z. B. in Form des Personalmarketing) und Absatzwerbung; nach den Adressaten der Werbung in Werbung für ein Erzeugnis beziehungsweise eine Dienstleistung (Anzeige, persönliche Präsentation), Werbung am Produkt (Verpackung, Beigaben wie etwa Sammelbilder), Werbung mit dem Produkt (Präsentation, materielle Verkaufsanreize für den Händler), Merchandising (z. B. Bereitstellung von Displaymaterial, Werbekostenzuschüsse), Werbung an die allgemeine Öffentlichkeit im Sinne einer öffentlichen Vertrauens- oder Sympathiewerbung durch Public Relations; nach der Anzahl der Werbenden werden Einzel- oder Alleinwerbung und Gemeinschafts- oder Kollektivwerbung unterschieden. Letztere erfolgt als Huckepackwerbung (in einem Werbemittel werden Artikel verschiedener Hersteller beworben), Gemeinschaftswerbung (ein Werbemittel für mehrere anonym bleibende Hersteller) oder Sammelwerbung (die Werbenden werden genannt). Schließlich wird nach der Art der Ansprache differenziert zwischen Massenwerbung, die sich an eine größere Personengruppe richtet (z. B. Medienwerbung), und der immer bedeutender gewordenen Direktwerbung, die sich gezielt an einzelne Personen wendet.
 
Die Ansprache der Zielgruppe erfolgt in Form der rationalen Argumentation oder als Appell an das Gewissen, die Moral oder die Gefühle der Werbeadressaten. Werbung ist in der Regel der bewusste, gezielte und Kosten verursachende Einsatz spezieller Werbemittel in geeigneter Werbeform (Werbestrategie). Über die Leistung eines Unternehmens, das Werbeobjekt, soll mit Blick auf die anvisierte Zielgruppe (Werbesubjekt) eine bestimmte Information (Zeichen und Symbole), die Werbebotschaft, übermittelt werden. Dazu bedarf es geeigneter Werbemittel wie z. B. Anzeigen, Plakate, Werbespots, -filme, die mithilfe eines Werbeträgers beziehungsweise Werbemediums der Zielgruppe nahe gebracht werden. Bekannte Werbeträger sind die Printmedien (Zeitung, Zeitschrift, Adressbuch, Kataloge, Prospekte), die audiovisuellen Medien (Hörfunk, Fernsehen, Filmtheater), die Medien der Außenwerbung (Litfaßsäule, Verkehrsmittel, Licht-, Banden- und Trikotwerbung), die der Direktwerbung (Prospekte, Kataloge, Werbebriefe) sowie der Onlinewerbung (in Internetangeboten). Wie im Beispiel der Kundenzeitschrift oder einer bedruckten Tragetasche können Werbeträger und -mittel identisch sein. Werbemitteltests dienen dazu, die Wirkungen der konkreten Ausgestaltung eines Werbemittels abzuschätzen. Um die Auswahl der anzuwendenden Werbeträger bei begrenztem Werbebudget zu optimieren, entstand die Mediaforschung. Angesichts eines wachsenden Überflusses an werblichen Informationen steigt sowohl das Interesse an Werbepsychologie als auch an Individualwerbung. Letztere ermöglicht im Gegensatz zur Massenkommunikation der Medienwerbung einen direkten Kontakt zwischen Werbendem und Beworbenem und ein direkteres Eingehen auf die Zielgruppenbedürfnisse. Technische Entwicklungen in der Telekommunikation (Electronic Mail, Mobilfunk) und in der Druckindustrie haben für die Werbung neue Möglichkeiten eröffnet, z. B. durch den Trend zu zielgruppenspezifischen Zeitschriften (Special-Interest-Titel). Andererseits haben Kundenkontakte in Form von Vertreterbesuchen an Bedeutung verloren. Um den Bekanntheitsgrad und die Imagepflege des Werbenden zu verbessern, gewinnen Sponsoring sowie Productplacement (Schleichwerbung) zunehmend an Bedeutung.
 
 Rechtliches
 
Rechtliche Bestimmungen setzen der Werbung gewisse Grenzen. Während die im GG verankerte Meinungsfreiheit Werbung einerseits überhaupt gewährleistet, erfährt sie andererseits Einschränkungen, v. a. durch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heilmittelwerbegesetz, das Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesammelt und den Rundfunkstaatsvertrag. Falsche Informationen, Täuschungen über Produkte und Absichten (die »irreführende« und die »anreißerische« Werbung) sollen dadurch ebenso ausgeschlossen werden wie Pornographie, Gewaltverherrlichung, Diskriminierung von Minderheiten und Sexismus. In den USA und anderen Industriestaaten war die »vergleichende« Werbung, bei der bewusst auf Leistungsmerkmale von Konkurrenzprodukten Bezug genommen wird, bereits seit geraumer Zeit statthaft. Nachdem eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 6. 10. 1997 grundsätzlich vergleichende Werbung für zulässig erklärt hatte, sofern der Vergleich nicht irreführend oder verunglimpfend ist, hat sich auch in Deutschland die Rechtslage gewandelt. Der Bundesgerichtshof entschied bereits vor der Umsetzung der Richtlinie in deutschem Recht in zwei Urteilen vom 5. 2. 1998 und vom 23. 4. 1998 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung, dass vergleichende Werbung nicht gegen § 1 UWG verstößt, sofern die Anforderungen der Richtlinie erfüllt werden. Mit dem neu geschaffenen § 2 UWG vom 14. 9. 2000 werden diese Vorgaben nunmehr auch formell übernommen.
 
Die Sendezeiten für Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind begrenzt; aufgrund des verschärften Wettbewerbs mit den werbefinanzierten privaten Rundfunkanstalten (für die weniger enge Werbegrenzen gelten) um Werbeeinnahmen wird die Ausdehnung der Werbezeiten jedoch zunehmend diskutiert. Der am 1. 4. 2000 in Kraft getretene 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag lässt für öffentlich-rechtliche wie für private Sender die Teilung des Bildschirms zu Werbezwecken (Split-Screen-Werbung) und virtuelle Werbung (z. B. regional unterschiedlicher Bandenwerbung in Fußballstadien) zu. Demgegenüber untersucht die Zuschauerforschung z. B. Vermeidungsstrategien wie das »Zappen« bei Fernsehwerbeunterbrechungen, das neuerdings auch mithilfe eines Zusatzgeräts (Werbeblocker) möglich ist.
 
Wie das Beispiel der Werbung für sexuelle Dienstleistungen in Kabelnetzen zeigt, wird es mit der Zunahme von Werbemöglichkeiten durch Telekommunikation allerdings auch schwieriger, rechtlicher Kontrollen und Einschränkungen tatsächlich durchzusetzen. Auf diesem Gebiet wirksam sind eine freiwillige Selbstkontrolle der Werbewirtschaft in Gestalt von Selbstbeschränkungsabkommen der beteiligten Wirtschaftszweige, internationale Verhaltensregeln sowie der Deutsche Werberat. Diese vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e. V. gegründete Organisation erarbeitet Verhaltensrichtlinien, betreibt inner- und außerverbandliche Informationsarbeit und befasst sich mit Einzelbeschwerden aus der Bevölkerung gegen anstößige Werbung.
 
 Werbung als Branche
 
Die Kommunikationsbranche setzt sich (2000) an den Umsätzen gemessen zu gut der Hälfte aus Investitionen in klassische Werbung (33,21 Mrd. Euro) sowie den Erlösen moderner Kommunikationsmittel (31,55 Mrd. Euro) zusammen; hierzu gehören Verkaufsförderung, Messen, Werbeartikel, Sponsoring, Telefonmarketing, PR, Multimedia und Kundenmedien. Die Werbung entwickelte sich im Verlauf der 1990er-Jahre beträchtlich, woran v. a. die zunehmende Komplexität der Medien, besonders in den Bereichen Telekommunikation und Internet, einen großen Anteil hatte. Eine wichtige Rolle für die Werbebranche spielen Werbeagenturen, die u. a. durch selbstständig tätige Fotografen, Illustratoren, Designer und Werbetexter ergänzt werden. Aufgrund des hohen Anteils hoch spezialisierter Tätigkeiten in der Werbung liegen die durchschnittlichen Lohnkosten in der Werbung höher als im Direktmarketing. Mit Ausnahme der Fachberater haben die im Direktmarketing angestellten Personen vergleichsweise niedrige Einkommen. Große Unternehmen bleiben nicht selten länger als zehn Jahre bei derselben Werbeagentur, was einerseits mit der für Werbestrategien benötigten Zeit und andererseits mit dem Umgang mit vertraulichen Geschäftsinformationen durch die Agentur zusammenhängt. Bei der klassischen Werbung ist es noch üblich, dass die Agenturgebühr einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtrechnung ausmacht. Wenn umfangreiche Druckarbeiten mit der Werbung verbunden sind, werden diese gewöhnlich in Länder mit den niedrigsten Produktionskosten vergeben. Werbebriefe werden zunehmend in Ländern mit den niedrigsten Gebühren aufgegeben.
 
Nachgefragt werden Werbeleistungen v. a. von Markenartikelherstellern, wobei sich die Zahl der beworbenen Marken von (1979) rd. 30 000 auf (2000) 55 000 erhöhte. In Deutschland sind die Werbeinvestitionen zwischen 1992 und 2000 in sämtlichen werbeintensiven Branchen und Produktbereichen gestiegen. Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks haben sich beispielsweise die Investitionen der Automobilhersteller verdoppelt, im Bereich der Massenmedien sogar verdreifacht. In den letzten zehn Jahren haben sich die Werbeinvestitionen in Deutschland unter wesentlichen Einfluss des sich zunehmend aufsplitternden Medienmarktes um rd. zwei Drittel erhöht. Insgesamt gaben die Unternehmen 2000 rd. 34 Mrd. Euro für Werbung aus. Damit ist Deutschland das werbestärkste Land in Europa und rangiert im »Weltmarkt Werbung« mit (1999) 20 Mrd. US-$ an dritter Position hinter den USA (120,2 Mrd. US-$) und Japan (33,6 Mrd. US-$). Konstanz zeigt die Relation zur Volkswirtschaft: 2000 betrug der Anteil der Bruttowerbeinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 1,63 %, 1992 waren es 1,50 %. Rd. zwei Drittel des in Werbung investierten Geldes entfallen auf die Medienschaltung, das restliche Drittel auf Honorare und Gehälter sowie die Werbemittelproduktion.
 
Wie in den meisten Industrieländern konzentriert sich auch in Deutschland der Großteil der Ausgaben für Werbung auf die Printmedien, wobei die Tageszeitungen im Vordergrund stehen. Allerdings ging deren Anzahl 1992-2000 von 426 auf 388 (Wochenzeitungen: von 31 auf 24) zurück, während sich die Zahl der übrigen Werbemedien weiter erhöhte und der Werbekonjunktur neue Impulse verlieh. Deutlich fiel der Zuwachs bei den Fernsehprogrammen aus: (2000) 109 Programme gegenüber (1992) 65 bedeuten eine Steigerung um rd. 68 %. Auch die Auflage von per Post versandten Massendrucksachen erhöhte sich in diesem Zeitraum um mehr als 50 % von 4,2 Mrd. auf 6,4 Mrd. Stück.
 
Die deutsche Werbewirtschaft beschäftigt (2000) rd. 360 000 Fachkräfte, die sich auf vier Bereiche verteilen: Die Sach- und Dienstleistungsanbieter beschäftigen in ihren eigenen Werbeabteilungen 38 000 Werbefachleute, in der Werbegestaltung (v. a. in Werbeagenturen, Grafikateliers, bei Schauwerbern, Werbefotografen, in der Film- und Lichtwerbung) sind 135 000 Werbefachleute tätig, in der Werbemittelverbreitung sind in Verlagen, Funkmedien, Plakatanschlagunternehmen weitere 14 000 Werbefachleute eingesetzt, und rd. 174 000 Beschäftigte in der Papierwirtschaft und der Druckindustrie gelten als von der Werbung abhängig.
 
 Werbung in der kritischen Diskussion
 
Werbung ist ein konstitutives Element der Marktwirtschaft. Grundsätzliche Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem - marxistisch, aber zum Teil auch konservativ geprägt - bedeutete daher stets auch Kritik an der Werbung, die als Ausdruck der diesem Wirtschaftstypus innewohnenden Bestrebungen verstanden wurde, andere Menschen entgegen ihren Interessen zu manipulieren, sie sich selbst zu entfremden oder hinsichtlich der eigenen Zielsetzungen zu funktionalisieren (künstliche Weckung von Bedürfnissen, Konsum als Ersatz für zwischenmenschliche Kommunikation). Das breite Interesse an Videoclips, Werbespots in Film und Fernsehen sowie an fantastischen, erotischen und exotischen Bild- und Tonaufnahmen belegt allerdings, dass die Wirkung von Werbung nicht nur darin besteht, manipulierte Wünsche und Sehnsüchte zu befriedigen. Vielmehr spielt auch die im Menschen vorhandene Bereitschaft zur Suggestion und Überschreitung von gewohnten Wahrnehmungsgrenzen eine Rolle. Da Werbung wirken will, muss sie vorhandene Einstellungen und Verhaltensmuster aufnehmen und in ihrem Sinn, d. h. interessengeleitet und zielgruppenorientiert, gestalten. Dies gilt für Produktwerbung ebenso wie für Aufklärungskampagnen und für den Einsatz von Werbung in politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen. In politischer Hinsicht ist die Übernahme von Verfahren und Techniken aus der Produktwerbung in die Parteienwerbung jedoch eine problematische Entwicklung, da dies die Irrationalität von politischen Präferenzen verstärken kann, statt sie im Sinne rationaler Abwägungen zu verringern.
 
Werbung sucht den beworbenen Produkten beziehungsweise Markennamen ein positives Image zu verleihen, indem sie sie mit angenehmen Assoziationen in Verbindung bringt sowie Wünsche nach Glück, Freiheit, Abenteuer oder Geborgenheit und Sicherheit, nach gesellschaftlicher Anerkennung, Gesundheit, jugendliche Erscheinung, erotische Ausstrahlung u. a. anspricht oder auch dem Unterhaltungsbedürfnis entgegenkommt. Damit ist Werbung ebenso sehr ein Spiegel der jeweiligen gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Leitbilder (und ihres Wandels, z. B. bezüglich der Darstellung sozialer Rollen), wie sie diese in den Dienst ihrer Absicht stellt, Kaufentscheidungen und Konsumgewohnheiten zu beeinflussen. Den entgegengesetzten Weg geht die (umstrittene) »Schockwerbung«, die ihre Werbeaussage mit schockierenden Bildern (z. B. von Umweltschäden, sozialen Missständen) verbindet, ohne dass ein inhaltlicher Zusammenhang besteht.
 
Kritische Einwände gegen Werbung konzentrieren sich heute v. a. auf zwei Bereiche: 1) Werbung für Produkte mit prinzipiell oder potenziell gesundheitsschädlichen Wirkung (besonders Tabakwaren, alkoholische Getränke, Arzneimittel); das Europäische Parlament stimmte im Mai 1998 mit Blick auf die durch Tabakkonsum verursachten volkswirtschaftlichen Schäden und aus gesundheitspolitischen Erwägungen mehrheitlich für ein Tabakwerbeverbot innerhalb der EU; diese Richtlinie ist jedoch vom Europäischen Gerichtshof am 5. 10. 2000 wegen mangelnder Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union aufgehoben worden; 2) auf Kinder zielende Werbung; ihr wird vorgeworfen, sie missbrauche die noch unentwickelte Kritikfähigkeit und mangelnde Erfahrung von Kindern dazu, sie zu einer konsumorientierten Haltung zu erziehen, sodass sie sich auch als Erwachsene mit Markenartikeln umgeben, ihren Selbstwert vom Konsum ableiten und das Kaufen als Selbstzweck und Freizeitbeschäftigung betreiben. Die Werbewirtschaft weist dagegen auf die im Allgemeinen früh einsetzende Kompetenz der Kinder im Umgang mit Medien und Werbung hin, was Fehlentwicklungen (ähnlich wie z. B. in Zusammenhang mit Gewaltdarstellungen in den audiovisuellen Medien) bei sozial vernachlässigten Kindern nicht ausschließt.
 
Dass die Werbung zu einer mächtigen Institution der Verbrauchererziehung geworden ist, erhöht ihre moralische Verantwortung und erklärt die Aufmerksamkeit, die ihr in der kritischen Öffentlichkeit entgegengebracht wird und die zum Entstehen von verbraucherpolitischen Einrichtungen (z. B. Stiftung Warentest) geführt hat. Kontrovers sind die an die Werbung gerichteten ethischen Anforderungen dort, wo die Kritik sich gegen die einseitige Erziehung zum Konsum wendet, also dagegen, dass die Verantwortung für Interessen, die keine wirtschaftliche Macht hinter sich wissen, wie öffentliche Aufgaben und die Berücksichtigung ökologischer Notwendigkeiten (Ressourcenschonung, Energiesparen, Abfallvermeidung), zu kurz kommt. Allerdings ist auch die individuelle Verantwortung für den eigenen Medien- und Werbekonsum gefragt.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Konsum · Manipulation · öffentliche Meinung · Verbraucherpolitik · Wettbewerb
 
Literatur:
 
Paul W. Meyer u. A. Hermanns: Theorie der Wirtschafts-W. (1981);
 
Die W. Hb. der Kommunikations- u. Werbewirtschaft, hg. v. B. Tietz, 3 Bde. (1981-82);
 F. W. Mähling: W., Wettbewerb u. Verbraucherpolitik (1983);
 
Jb. der W. in Dtl., Österreich u. der Schweiz, Jg. 24 ff. (1987 ff., früher u. a. T.);
 F. Unger: Werbemanagement (1989);
 
W. in Dtl., hg. vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e. V. ZAW (1989 ff., jährl., früher u. a. T.);
 W. F. Haug: Kritik der Warenästhetik (101990);
 M. Schenk u. a.: Wirkungen der Werbekommunikation (1990);
 J. P. Jones: Macht sich W. bezahlt? (a. d. Amerikan., 1991);
 F. W. Nerdinger: Die Welt der W. (1991);
 V. Rothfuss: Wb. der Werbesprache (1991);
 V. Packard: Die geheimen Verführer (a. d. Engl., Neuausg. 1992);
 W. Kroeber-Riel: Strategie u. Technik der W. (41993);
 Stephan Schmidt: W. u. Recht von A-Z (1993);
 
Öffentlichkeitsarbeit u. W., hg. v. G. Kalt (51994);
 R. Gries u. a.: »Ins Gehirn der Masse kriechen!« W. u. Mentalitätsgesch. (1995);
 
Lex. der W., hg. v. D. Pflaum u. F. Bäuerle (61995);
 
Recht der W. in Europa, hg. v. G. Schricker in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband der dt. Werbewirtschaft e. V. ZAW (Losebl. 1995 ff.);
 G. Schweiger u. G. Schrattenecker: W. (41995);
 D. Urban: Kauf mich! Visuelle Rhetorik in der W. (1995);
 E. Heller: Wie W. wirkt (27.-28. Tsd. 1996);
 I. Scherer: Privatrechtl. Grenzen der Verbraucher-W. (1996);
 L. M. Weeser-Krell u. M. Ploetz: Das Arbeitsfeld W. Berufe - Ausbildung - Einsatz (31996);
 
Hb. des Werberechts in den EU-Staaten einschließl. Liechtenstein, Norwegen, Schweiz u. USA, hg. v. P. Schotthöfer (21997);
 
Kinderalltag u. W. Zw. Manipulation u. Faszination, hg. v. D. M. Meister u. U. Sander (1997);
 Siegfried J. Schmidt u. B. Spieß: Die Kommerzialisierung der Kommunikation. Fernseh-W. u. sozialer Wandel 1956-1989 (1997);
 M. Drabczynski: Kommunikationstheorie u. W. (1998);
 
Das große Hb. W., hg. v. M. Geffken (1999).
 

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Wẹr|bung, die; -, -en [mhd. werbunge]: 1. <o. Pl.> a) das Werben (1); Gesamtheit werbender Maßnahmen; Reklame, Propaganda: geschickte, aufdringliche, störende W.; diese W. kommt [nicht] an; die W. für ein Produkt [im Fernsehen]; die Firma treibt W., macht gute W. für ihr neues Produkt; die Schauspielerin macht jetzt W. für ein Waschmittel (ugs.; tritt in Werbespots, -sendungen für ein Waschmittel auf); eine W. treibende Firma; b) Werbeabteilung: er arbeitet in der W. der Firma X. 2. das Werben (2): die W. neuer Kunden, Mitglieder. 3. (geh.) das Werben (3) um jmdn.; Bemühen, jmds. Gunst, bes. die Liebe einer Frau zu gewinnen: die W. um ein Mädchen, eine Frau; sie schlug seine W. (veraltet; seinen Heiratsantrag) aus, nahm seine W. an; jmds. -en nachgeben.

Universal-Lexikon. 2012.