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Absolutheitsanspruch
Ab|so|lut|heits|an|spruch 〈m. 1u; unz.〉 Beanspruchung absoluter Gültigkeit der eigenen Meinung ● diese Lehre erhebt einen \Absolutheitsanspruch

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Ab|so|lut|heits|an|spruch, der:
Anspruch auf absolute Richtigkeit od. Gültigkeit:
einen A. erheben.

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Absolutheitsanspruch,
 
Religionswissenschaft: ein Begriff, der auf G. F. W. Hegels Charakterisierung des Christentums als »absoluter Religion« zurückgeht und mit dem dieser behauptete, alle nichtchristlichen Religionen seien Vorstufen und unvollkommene Ausdrucksformen von Religion, während das Christentum alle Möglichkeiten von Religion in ihrer Vollkommenheit enthalte und damit Schluss- und Höhepunkt der Religionsgeschichte sei. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet Absolutheitsanspruch, dass Religionen jeweils beanspruchen können, ausschließlich und uneingeschränkt wahr und allgemein und für immer gültig zu sein. Ein solcher Absolutheitsanspruch ist in den verschiedenen Religionen in unterschiedlicher Weise ausgeprägt und wird unterschiedlich begründet. Gestiftete Religionen (z. B. Christentum, Islam, Manichäismus, Buddhismus) neigen eher dazu, die vorgefundenen Religionen durch die Stiftung der eigenen Religion für überwunden zu erklären, während z. B. deren jeweilige mystische Ausprägungen (Mystik) dazu neigen, Grenzen zwischen gegebenen Religionen zu negieren oder für irrelevant zu erklären und damit etwaige Abgrenzungen aufzuheben. Begründet wird der Absolutheitsanspruch einer Religion z. B. mit dem Hinweis darauf, dass die eigene Offenbarung die spätere oder letzte sei, angesichts derer alle anderen Offenbarungen höchstens als Teiloffenbarungen gelten können (z. B. Islam, Manichäismus), oder er wird mit dem Inhalt der Offenbarung begründet, z. B. im Christentum mit dem Hinweis darauf, dass eine höhere und vollkommenere Offenbarung als die Selbstoffenbarung Gottes in der Menschwerdung in Jesus Christus nicht möglich sei. In der interreligiösen Auseinandersetzung stellt sich oft das Problem von einander ausschließenden Absolutheitsansprüchen und damit verbunden die Frage nach der Fähigkeit von Religionen zur Toleranz.
 
Nicht nur Religionen, sondern auch philosophische und politische Lehren erheben manchmal einen Absolutheitsanspruch. So entwickelte der Marxismus die Theorie des dialektischen und historischen Materialismus, nach der nicht nur in der Natur, sondern auch in der menschlichen Gesellschaft allgemeine »Bewegungsgesetze« im Sinne einer Entwicklung vom Niederen zum Höheren wirken, deren »Zielpunkt« die klassenlose (kommunistische) Gesellschaft sei. Als »Weltanschauung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischer Partei« galt sie in der Gesellschaftstheorie der sozialistischen Staaten den kommunistischen Parteien als alleinige »Handlungsanweisung« zu einer bewussten (»gesetzmäßigen«) Gestaltung der Gesellschaft.
 
Literatur:
 
E. Troeltsch: Die Absolutheit des Christentums u. die Religionsgesch. (31929);
 U. Mann: Das Christentum als absolute Religion (1970);
 E. Benz: Ideen zu einer Theologie der Religionsgesch. (1961);
 G. Lanczkowski: Begegnung u. Wandel der Religionen (1971).

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Ab|so|lut|heits|an|spruch, der: Anspruch auf absolute Richtigkeit od. Gültigkeit (bes. in Bezug auf Religionen, philosophische u. politische Lehren): einen A. erheben; eine Revitalisierung alter politisch-religiöser Absolutheitsansprüche (v. Weizsäcker, Deutschland 99).

Universal-Lexikon. 2012.