in Indien entstandene, heute vor allem in China, der Mongolei, Japan und einigen Ländern Südostasiens verbreitete Religion:
sich zum Buddhismus bekennen.
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Bud|dhịs|mus 〈m.; -; unz.〉 die von Buddha (560-480 v. Chr.) gestiftete ind. Religion
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Bud|dhịs|mus , der; -:
nach ↑ 1Buddha benannte Weltreligion.
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Buddhịsmus,
Der Buddhismus war eine Reformbewegung, die eine Wandlung der alten brahmanischen Kultur Indiens erstrebte. Der Gegensatz zum Brahmanismus ergab sich aus der Tatsache, dass Buddha das Kastensystem und damit die Herrschaftsvorrechte der Brahmanen sowie die Autorität des Veda ablehnte. Trotz dieser Position ist der Buddhismus immer tolerant geblieben, indem er den Brahmanismus als Religion ebenso wenig bekämpfte wie die Glaubensformen, die er als missionierende Weltreligion in anderen Ländern Asiens, von Ceylon (Sri Lanka) bis Tibet und von Afghanistan bis Japan, vorfand. Die Hindugötter und das Kastensystem hatten nur im eigenen Mönchsorden keine Bedeutung, aber für die Laien wurden die Volksreligionen als eine Vorstufe zur höheren Weisheit des Buddhismus aufgefasst.
In der Gegenwart besteht der Buddhismus in verschiedenen Formen: als südlicher Buddhismus (Hinayana, »Kleines Fahrzeug«, der pejorative Name »Erlösung nur für wenige«, wird heute gelegentlich durch Shravakayana, »Fahrzeug der Hörer«, ersetzt) in Sri Lanka, Birma, Thailand, Laos, Kambodscha, als nördlicher Buddhismus (Mahayana, »Großes Fahrzeug«) in Nepal, Vietnam, China, Korea, Japan, sowie in seiner tibetanischen Ausprägung (Lamaismus) in Tibet, Nordostindien (Sikkim), Bhutan, Russland (Burjatien, Kalmückien und Tuwa) und der Mongolei. Über ostasiatische Auswanderer gelangte der Buddhismus nach Ozeanien (Hawaii) und nach Nord- und Südamerika. In Europa bestehen seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts kleine buddhistische Gemeinden (Neubuddhismus). Auf dem indischen Subkontinent, wo der Buddhismus im Laufe seiner Geschichte bis auf sehr kleine buddhistische Minderheiten verdrängt worden war, kam es im 20. Jahrhundert, zunächst auf kleine Kreise indischer Intellektueller beschränkt, zu einem wieder erwachten Interesse am Buddhismus. Seit Mitte der 1950er-Jahre formierte sich in Westindien (Maharashtra), v. a. in kritischer Auseinandersetzung mit der auf Kasten begründeten hinduistischen Sozialordnung, eine neobuddhistische Bewegung, deren Mitgliederzahl in Indien (1991) auf rd. 4,5 Mio. geschätzt wird. In Indonesien ist das Interesse am Buddhismus, befördert durch Einwanderer aus China, Sri Lanka und Thailand, seit Anfang der 1970er-Jahre wieder erwacht. In Kambodscha, der Mongolei und den traditionell buddhistischen Gebieten innerhalb der Russischen Föderation (Russland) erlebt der Buddhismus seit dem Zerfall der kommunistischen Staatsordnungen (1990/91) eine Wiedergeburt und ist dabei, seine traditionelle Stellung in den Gesellschaften dieser Länder wiederzuerlangen. Eine »Renaissance« erlebt der Buddhismus seit den 1980er-Jahren auch in China. Während jedoch die buddhistischen Gemeinden in Nordwest- und Nordostchina (Sinkiang, Innere Mongolei, Heilongjiang) verbreiteten buddhistischen Gemeinden in ihrer Entwicklung weitgehend von der seit 1978/79 praktizierten Liberalisierung der staatlichen Religionspolitik profitieren, ist der Buddhismus in Tibet (als der das nationale und kulturelle [Selbst-]Bewusstsein der Tibeter integrierende Faktor) nach wie vor staatliche Einflussnahme ausgesetzt.
Weltweit wird die Zahl der Buddhisten auf (1994) über 338 Mio. geschätzt: rd. 336 Mio. in Asien, rd. 280 000 in Europa, jeweils rd. 500 000 in Nord- und Südamerika und etwa 400 000 in Russland. Bei den geschätzten Zahlen ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Zugehörigkeit zum Buddhismus die gleichzeitige Zugehörigkeit zu anderen Religionen nicht ausschließt. So gehören von den rd. 108 Mio. Shintoisten in Japan über 90 % zugleich der buddhistischen Religionsgemeinschaft an; ein großer Teil der chinesischen Buddhisten (außerhalb Tibets) bekennt sich zugleich zum Taoismus oder einem religiös geprägten Konfuzianismus.
Die in mittelindischen Dialekten abgefassten Schriften der älteren buddhistischen Schulen sind zumeist nur in Bruchstücken überliefert. Vollständig liegt nur der in Pali abgefasste Kanon der Theravada-Schule vor, der heute in Sri Lanka und in Hinterindien als authentische Wiedergabe der Worte Buddhas gilt. Diese Tipitaka (»Dreikorb«; Sanskrit: Tripitaka) genannte Sammlung, die im 1. Jahrhundert v. Chr. erstmals schriftlich festgehalten worden sein soll, umfasst drei Abteilungen: 1) Das Vinayapitaka (»Korb der Ordensdisziplin«) enthält Vorschriften für die Mönche, darunter ein Beichtformular von 227 Artikeln. 2) Das Suttapitaka (»Korb der Lehrreden«), das die Predigten Buddhas, Dichtungen der ältesten Zeit und erzählende Stücke enthält, gliedert sich in fünf Sammlungen (Nikaya): a) Dighanikaya (Sammlung der langen Lehrreden), b) Majjhimanikaya (Sammlung der mittellangen Reden), c) Samyuttanikaya (Sammlung der in Gruppen zusammengefassten Reden), d) Anguttaranikaya (Sammlung der nach aufsteigender Zahlenfolge aneinander gereihten Reden), e) Khuddakanikaya (Sammlung der kurzen Stücke, Aussprüche Buddhas, Gedichte, Legenden). 3) Das Abhidhammapitaka (»Korb der Dogmatik«) enthält scholastische Erörterungen über die Lehre aus späterer Zeit als die anderen Werke. - An den Palikanon hat sich eine gewaltige Zahl von Kommentaren und Erörterungen in Pali, Singhalesisch und den Sprachen Hinterindiens angeschlossen.
Die noch umfangreichere Literatur des nördlichen Buddhismus ist nur in beschränktem Umfang in Sanskrit und mittelindischen Dialekten überliefert, hingegen liegen zahlreiche ursprünglich in indischen Sprachen abgefasste Schriften in chinesischer, tibetanischer u. a. Übersetzungen vor. Es handelt sich hierbei um Übertragungen kanonischer Texte alter indischen Schulen, um solche von Lehrtexten (Sutra) des Mahayana, um philosophische Werke u. a. Schriften, die sich mit Ritual und Magie beschäftigen. Hinzu kommt eine unübersehbare Fülle von Schriften chinesischer, japanischer und tibetanischer Kommentatoren und Sektenstifter.
Alle irdische, unter- und überirdische Wesen unterliegen gleicherweise dem Gesetz der kausalen Vergeltung aller guten und bösen Taten (Karma), sodass im Kosmos ein dauerndes Geborenwerden und Sterben herrscht, bei dem die einzelnen Wesen ihre Existenzweisen ständig ändern. Die Welten mit Ausnahme der oberen Himmel befinden sich in ständigem Wechsel von Werden und Vergehen; ist eine Welt untergegangen, so bleibt an ihrer Stelle nur ein leerer Raum. Aus ihm geht infolge des Karmas der Bewohner der früheren Welt wieder eine neue Welt hervor. Dieser Vorgang setzt sich so lange fort, bis alles Karma beseitigt ist (d. h. alle Wesen die vollkommene Erkenntnis und Freiheit von allen Begierden erlangt haben).
Im Unterschied zu anderen Religionen lehrt der Buddhismus, dass es keine ewigen, unvergänglichen Substanzen gibt: weder Materie noch eine dauerhafte Seele oder Persönlichkeit, weder einen persönlichen Weltenherrn noch ein unpersönliches Absolutes, das den Urgrund der Welt bildet. Vielmehr kommt jedes Individuum und die von ihm erlebte Welt nur durch Daseinsfaktoren (Sanskrit: Dharma, Pali: Dhamma) zustande, die in funktioneller Abhängigkeit voneinander gesetzmäßig entstehen und wieder vergehen. Die Dharmas sind nicht mehr reduzierbare, dinglich vorgestellte Kräfte, die durch ihr Zusammenwirken die Einzelwesen und die von ihnen wahrgenommene Welt hervorbringen. Stirbt ein Individuum, so löst sich die Verbindung der Dharmas, die es gebildet hatten; die Samskaras (Triebkräfte) von moralisch guter oder schlechter Bedeutung, d. h. die Willensimpulse, die zu Karma wurden, werden zur Basis eines neuen Wesens, das für die guten oder schlechten Werke des Gestorbenen Lohn oder Strafe empfängt. Der Buddhismus lehrt also keine »Seelenwanderung«, sondern das Hervorwachsen eines neuen Wesens aus dem Karma des Dahingeschiedenen. Dies wird im Einzelnen durch den berühmten Lehrsatz vom »Entstehen in Abhängigkeit« (Sanskrit: Pratityasamutpada, Pali: Paticcasamuppada) verdeutlicht, dessen zwölf Glieder nach allgemein buddhistischer Tradition das kausal bedingte Werden einer Persönlichkeit in aufeinander folgenden Existenzen darstellen; dabei erscheint als letzte Ursache des Leidens und der Verstrickung in den Geburtenkreislauf das Nichtwissen (Avidya).
Symbol der verschiedenen Daseinsformen, die der Erlösung bedürfen, ist das Rad (Cakra). Nach der Lehre des Buddhismus geht seit anfangsloser Zeit das Wieder-geboren-Werden und Wieder-sterben-Müssen vor sich, solange der Mensch nicht erkennt, dass alles »vergänglich, ohne beharrende Substanz und deshalb leidvoll« ist. Leid (Sanskrit: Duhkha, Pali: Dukkha) ist im Buddhismus das Unheil, das in der Tatsache der individuellen Existenz liegt. Es wird offenbar im physischen und im seelischen Schmerz. Von dieser leidvollen Erfahrung spricht die erste der »vier edlen Wahrheiten«: Die Daseinsfaktoren des einzelnen Lebewesens (»alles Wirkliche ist individuell«) sind danach überhaupt voller Leid und Unheil. Die Ursache des Leidens ist nach der »zweiten edlen Wahrheit« der »Durst« (Sanskrit: Trishna, Pali: Tanha), die Begierde, der Lebenswille. Er wird überwunden, wie die »dritte edle Wahrheit« sagt, in dem »Erlöschen des Durstes«, der Abtötung der Begierde und aller Leidenschaften (v. a. Gier, Hass und Verblendung). Die »vierte edle Wahrheit« endlich zeigt den »edlen achtfachen Weg«, der zur Aufhebung der Ursache des Leidens führt: rechte Anschauung und Gesinnung, rechtes Reden, Handeln und Leben, rechtes Streben, Denken und Sichversenken. Verschiedene dieser Begriffe sind gleichbedeutend, der Heilsweg kann daher auf drei Stufen zurückgeführt werden: Sittlichkeit (tugendhaftes Verhalten in Gedanken, Worten, Taten), Versenkung und erlösende Erkenntnis. Diese ist nicht das Ergebnis rationalen Denkens, sondern tiefgründiger Einsicht; sie hat wiederum drei Glieder, ist »dreifaches Wissen«: Erinnerung an die eigenen früheren Existenzen, Erkenntnis des Karma-Gesetzes, Erkenntnis der »vier edlen Wahrheiten«. Damit schließt sich der Kreis, denn die vierte dieser Wahrheiten zeigt den Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt; ihn hat der Mönch bereits aufgrund von Belehrung beschritten. Die Aufnahme der Lehre weitet sich nun zu intuitiver Schau. So »... wird (der) Geist befreit vom Wahn des Begehrens, des Weltenseins, des Nichtwissens; dem Erlösten wird die Erkenntnis: die Erlösung ist vollzogen, entwurzelt die Geburt, vollendet der heilige Wandel,. .. nicht gibt es eine weitere Geburt« (Dighanikaya 2, 98). In der gegenwärtigen, noch bis zum Tode fortdauernden Existenz ist damit schon das Nirvana, das »Verwehen«, »Verlöschen«, erreicht, dem nach dem Tod das »vollkommene Nirvana« (Sanskrit: Parinirvana, Pali: Parinibbana) folgt. Ewig und unabhängig ist im Buddhismus nur das Nirvana. Die Götter bedürfen neben Menschen, Tieren, hungrigen Geistern und Dämonen ebenfalls der Erlösung und sind wie diese dem Kreislauf der Geburten unterworfen.
Die Lehre bildet die gemeinsame, vermutlich auf Siddhartha Gautama, den historischen Buddha, zurückgehende Grundlage der wesentlichen buddhistischen Schulen. Dass Buddha von den Upanishaden und alten Yogatechniken ausging, ist wahrscheinlich.
Das Mahayana hat diese pluralistische Philosophie des Werdens zu einem Monismus umgebildet. Der Philosoph Nagarjuna (2. Jahrhundert), der Begründer und Hauptvertreter der skeptizistischen Madhyamika-Schule, lehrte, dass die Daseinsfaktoren, da sie vergänglich sind und nur in Abhängigkeit voneinander existieren, keine wahre Realität haben; sie sind bloßer Schein, real ist nur das Nirvana. Samsara (der ewige Kreislauf der Wiedergeburt) und Nirvana sind danach nur verschiedene Ausdrucksformen der all-einen »Leerheit« (Shunyata). Die zweitwichtigste philosophische Schule des Mahayana bildeten seit dem 4. Jahrhundert die Yogacarins. Sie vertraten einen metaphysischen Idealismus, nach dem das Bewusstsein seine Objekte, z. B. die Person, das Ich, selbst hervorbringt. Die spätere Philosophie des Mahayana nähert sich immer mehr hinduistischer Vorstellungen, indem sie ein Geistiges als Urgrund der illusorischen Welt annahm. Das Ende der Entwicklung kennzeichnen dann Systeme, in denen, wie in Nepal, das Absolute mit einem Urbuddha (Adibuddha) identifiziert wird, der durch seine Meditationen (Dhyana) fünf »Dhyanibuddhas« ins Dasein ruft, die dann als überirdische Repräsentanten der fünf Elemente eine kosmische Bedeutung haben.
Das Mahayana wurde die eigentliche buddhistische Weltreligion, denn das Hinayana als reine Asketen- und Mönchsreligion entsprach nicht dem religiösen Bedürfnis des Volkes. Im Mahayana wurden die Buddhas und Bodhisattvas zu himmlischen, verehrungswürdigen Gottheiten. Das Verlassen der Welt und asketische Leben waren nicht mehr Voraussetzung des Heils, vielmehr stand in jedem weltlichen Beruf der Zugang zum Heil offen.
Die Ethik des Buddhismus ist ganz auf Selbstentäußerung gerichtet. Für den Laien sind die fünf Verpflichtungen bindend: nicht zu töten, nicht zu stehlen, nicht zu lügen, nicht die Ehe zu brechen und keine berauschenden Getränke zu genießen. Die Mönche und Nonnen haben dieselben Gebote in verschärfter Form (völlige Keuschheit) einzuhalten: Sie dürfen außer ihren Gewändern, einer Almosenschale, einem Schermesser, einer Nadel und einem Wassersieb nichts ihr Eigen nennen und müssen auf jeden Luxus verzichten. Das Endziel der Mönche des Hinayana ist es, in dieser oder in einer späteren Verkörperung ein Heiliger (Arhat) zu werden, der sich der Versenkung hingibt, um schließlich in das Nirvana einzugehen. Dem Mahayana erschien die Selbsterlösung ein zu niedriges, weil egoistisches Ziel. Nach seiner Lehre soll der Mensch danach streben, ein Bodhisattva, ein Erleuchtungswesen, zu werden, der darum bemüht ist, anderen Wesen zu helfen und sie zur Erleuchtung zu führen.
Da der Buddhismus von seinen Anhängern nicht den Austritt aus anderen Kultgemeinschaften verlangt, bestand für ihn in der ältesten Zeit kein Grund, für die Laien einen eigenen buddhistischen Kultus zu schaffen. Den Mönchen genügten Andachten mit Predigt, Schriftauslegung, Beichte und Meditation. Später kamen der Dienst an Reliquien und Buddhabildern und die Wallfahrt zu Stätten auf, an denen Buddha oder Heilige geweilt hatten. Da Buddha nach der Auffassung des Hinayana im Nirvana der Welt vollkommen entrückt ist, hat der Kultus im südlichen Buddhismus heute nur noch das Ziel, das Herz des Verehrers durch den Verehrungsakt zu läutern; will ein Frommer um irdische Güter bitten, so kann er sich an die vielen vergänglichen Götter des Volksglaubens wenden. Im Mahayana mit seiner Tendenz, die buddhistische Heilslehre zu einem alle Gebiete des religiösen Lebens umfassenden Glauben auszugestalten, wurde auch der Kult der vergänglichen Gottheiten in das System einbezogen und den Bodhisattvas und Buddhas der Charakter von Nothelfern zuerkannt, die von überirdischen Welten aus den Frommen, die sich an sie wenden, ihre Gnade spenden. So bildete sich ein reiches Ritual aus. Im Vajrayana, dem »Diamantfahrzeug«, führte dies schließlich zur Überwucherung des Geistigen durch eine Kultpraxis mit Zauberformeln, magischen Gesten und Riten.
Buddha hatte vor seinem Tod keinen Nachfolger eingesetzt, sondern den Jüngern gesagt, die Lehre (Dharma) solle fortan ihr Meister sein. Dies hatte zur Folge, dass die Mönche über die Worte Buddhas bald uneins wurden und dass sich verschiedene Schulen bildeten. Die bedeutendste, die heute noch in Sri Lanka und in Hinterindien vorkommt, ist die der Theravadins, die sich auf die Ansichten der Mönche der ältesten Zeit berufen. Sie behauptet, dass ihr Kanon und ihre Lehren auf drei Konzilen als maßgebend festgesetzt und gegen irrige Anschauungen verteidigt worden seien. Die Konzile sollen unmittelbar nach dem Tod Buddhas in Rajagriha (heute Rajgir in Bihar), 100 Jahre später in Vaishali (Bihar) und um 245 v. Chr. (zur Zeit des Königs Ashoka) in Pataliputra getagt haben. Es sollen im Laufe der Zeit 18 verschiedene Schulen entstanden sein, die in ihrer Dogmatik und Disziplin voneinander abwichen. In der Folgezeit breitete sich die Lehre immer weiter aus und fand sogar bei dem indogriechischen König Menander (Milinda) und dem indoskythischen Herrscher Kanishka tatkräftige Unterstützung.
Um die Zeitenwende entstand eine neue Richtung, die sich als Mahayana (»Großes Fahrzeug«) bezeichnete und auf die ältere Lehre als Hinayana (»Kleines Fahrzeug«), als auf eine unvollkommene Vorstufe, herabblickte. Durch seine altruistische Ethik, seinen Glauben an die heilsvermittelnde Gnade von überirdischen Buddhas und Bodhisattvas, sein Ritual und seine tiefsinnige Philosophie übte das Mahayana eine so große Anziehungskraft aus, dass es nicht nur in Indien die alten Schulen zurückdrängte, sondern auch in den Missionsgebieten die Führung gewann, in Hinterindien, Afghanistan, Ostturkestan und besonders in China, wo der Buddhismus, angeblich aufgrund eines Traumes des Han-Kaisers Mingdi (58-76 n. Chr.), um 67 n. Chr. eingeführt worden war und in den nächsten Jahrhunderten zu hoher Blüte gelangte. Indische Mönche wurden nach China berufen, um heilige Texte zu übersetzen; der Patriarch Bodhidharma begründete dort 520 n. Chr. eine Schule der Meditation (chinesisch: Chan, japanisch: Zen, für Sanskrit: Dhyana; Zen), und chinesischer Pilger, so Xuanzang, bereisten Indien, um die heiligen Stätten des Buddhismus zu besuchen und Reliquien zu sammeln. Von China aus wurde der Buddhismus 372 in Korea und von dort 552 in Japan eingeführt. In Indien selbst fand der Buddhismus zwar noch im 7. Jahrhundert in Harsha einen Schirmherrn, schuf bedeutende literarische und künstlerische Werke und befruchtete die Kolonialgebiete, wo um 750 in Java der Borobudur und nach 800 im Reich der Khmer, dem heutigen Kambodscha (Angkor), buddhistische Bauten entstanden. Die fortschreitende Anpassung des Buddhismus an hinduistischen Glaubensformen führte aber zum Verfall des indischen Buddhismus. Innerhalb des Mahayana erwuchs in der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends das Vajrayana, das »Diamantfahrzeug«, das durch Zauberformeln und magischen Praktiken überirdische Heil zu erreichen suchte. Dieses nahm bald auch die Riten des sakralen Liebesgenusses aus dem Tantrismus in sich auf, wodurch die Lehre des Buddha verformt wurde. Der Verfall des Buddhismus in Indien wurde dadurch noch beschleunigt, dass innerhalb des Brahmanismus im Vedanta Shankaras und in den vishnuitischen und shivaitischen Sekten Konkurrenten auftraten, die dem Buddhismus das Feld streitig machten. So verlor die Lehre in Indien immer mehr an Boden und wurde um 1200 durch die islamische Invasion endgültig unterdrückt. Nur in wenigen Gebieten, z. B. in Bengalen, Orissa und Südindien, hielt sie sich noch weitere 200 bis 300 Jahre.
In China wurde 580 die Tiandai-Schule begründet, welche die Hauptelemente des chinesischen Buddhismus, den Glauben an den Buddha Amitabha der »Schule des Reinen Landes« und die Praxis der Meditationssekte in höherer Synthese zusammenfasste. Nach einer Periode der Blüte ist der Buddhismus dort aber ebenso wie in dem von China aus missionierten Annam (Vietnam) und in Korea durch den Konfuzianismus zurückgedrängt worden. In Japan hat er hingegen feste Wurzeln geschlagen und neue Formen angenommen: Die von Shinran Shōnin 1224 begründete »wahre Sekte des Reinen Landes« (Jōdo-shinshū) brach mit dem Zölibat der Priester und vertrat eine Erlösungslehre, die die Erlösung als Gnadengeschenk des Amida (Amitabha) auffasst; die von Nichiren im 13. Jahrhundert gestiftete Sekte des »Lotos-Sutra« trägt stark nationalist Züge.
In Tibet, wohin der Buddhismus vom 7. Jahrhundert an aus Bengalen gelangte, wurde er in der Gestalt des Lamaismus Grundlage eines Mönchsstaates. Von hier aus sind 1577 die Mongolen bekehrt worden, die dann im 17. Jahrhundert die Lehre den Burjaten und Kalmücken vermittelten. Mit den Letzteren, die sich in dem Gebiet bei Astrachan und Stawropol niederließen, kam der Buddhismus erstmalig auch nach Europa. Unter dem Einfluss des tibetanischen Buddhismus entstanden auch die Staaten Sikkim und Bhutan.
Unabhängig von dem direkten Einfluss indischer oder ostasiatischer Missionare haben sich in den letzten Jahrzehnten kleine buddhistische Gemeinden in Europa gebildet, deren Führer (P. Dahlke [* 1865, ✝ 1928], G. Grimm) die alte Lehre in neuen Formen auslegten.
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Universal-Lexikon. 2012.